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    Mehr Vorbereitungsklassen für Flüchtlingskinder – Haupt- und Werkrealschulen sind die Sorgenkinder

    Biberach, 11.09.2015 (Gerd mägerle, ©Schwäbische Zeitung)

    71 Vorbereitungsklassen gibt es im Bereich des Staatlichen Schulamts Biberach im neuen Schuljahr. Sie werden vor allem von Flüchtlingskindern besucht, die dort möglichst schnell die deutsche Sprache erlernen sollen. Zum Vergleich: Im vergangenen Schuljahr waren es 58 Vorbereitungsklassen, im Schuljahr davor nur 42. Außerdem wurden am Freitag 278 neue Lehrer vereidigt – eine Rekordzahl im Schulamtsbezirk. Das Schulamt ist für alle Schularten außer den Gymnasien und den beruflichen Schulen zuständig.

    Vorbereitungsklassen/Flüchtlinge: Das Schulamt in Biberach, das für die Landkreise Biberach, Alb-Donau sowie für die Stadt Ulm zuständig ist, sieht sich für die Zunahme an Flüchtlingskindern gerüstet. „Der Spracherwerb hat für uns die zentrale Bedeutung bei der gesellschaftlichen Teilhabe“, sagt Wolfgang Mäder, der Leiter des Staatlichen Schulamts. Mit 71 Vorbereitungsklassen, davon 18 im Landkreis Biberach sei man momentan gut aufgestellt, auch wenn sich Mäder sicher ist, dass diese Zahl mit Blick auf die momentane Entwicklung auf Dauer nicht ausreichen wird. „Wir stehen hier in engem Kontakt mit den Landratsämtern.“ Eine Herausforderung ist es für das Schulamt, genügend Lehrer für diese Klassen zu bekommen. So sollen Lehrer, die bislang noch keine Stelle haben, befristete Angestelltenverträge erhalten, außerdem werden Lehrer im Ruhestand angefragt. „Des Weiteren sprechen wir auch Menschen an, die beim Thema Spracherwerb qualifiziert sind, aber nicht über eine Lehramtsprüfung verfügen“, so Mäder. Sein Ziel sei, Flüchtlingskinder möglichst schnell in einen geregelten Schulalltag zu bringen, sobald deren Familien eine Unterkunft erhalten haben. „Die Kinder sind darauf angewiesen, dass wir ihrem Tag eine Struktur geben.“

    Grundschulen: Im Grundschulbereich bleiben die Schülerzahlen im Schulamtsbezirk stabil. Das liegt laut Mäder daran, dass die Zahlen in Städten wie Ulm, Biberach oder Laupheim eher steigen, während sie im ländlichen Bereich zurückgehen. „Wir stellen aber deswegen keine kleine Grundschule in Frage“, so Mäder. Der Spruch „Kurze Beine, kurze Wege“ gelte weiterhin.

    Haupt- und Werkrealschulen: Sie sind aus Sicht des Schulamts die Sorgenkinder. So ist die Zahl der Fünftklässler, die das neue Schuljahr an einer Haupt- und Werkrealschule beginnen, im Schulamtsbezirk im Vergleich zum Vorjahr um fast 47 Prozent zurückgegangen. An zehn Schulen gibt es keine fünfte Klasse mehr, darunter in Mittelbiberach, Kirchberg/Iller, Obersulmetingen und Burgrieden. Aus Mäders Sicht stehen diese Schulen mittelfristig vor dem Aus. „Wir haben die Thematik bereits im Frühjahr mit den Schulträgern erörtert. Die Zahl der Schüler, die an den Werkrealschulen die Mittlere Reife und nicht den Hauptschulabschluss machen ist mit 54 Prozent konstant hoch. „Das macht vor allem Handwerksbetrieben Probleme, die für ihre Ausbildungsplätze gute Hauptschulabgänger suchen“, sagt Mäder.

    Realschulen: „Die Realschule genießt weiterhin eine sehr gute Akzeptanz“, so Mäder. Der leichte Rückgang der Schülerzahl um 1,4 Prozent im Schulamtsbezirk sei demografisch bedingt. „Wir hatten starke Abgangsklassen und es kommen jetzt demografisch schwächere Jahrgänge nach.“

    Gemeinschaftsschulen: 22 Gemeinschaftsschulen gibt es inzwischen im Schulamtsbezirk, an denen ab Montag insgesamt 904 Fünftklässler ihre Schullaufbahn fortsetzen. „Diese Schulart hat weiter an Akzeptanz gewonnen“, so Mäder. Problematisch stellte sich die Situation lediglich an der Mali-Schule in Biberach dar, die zu Schuljahresbeginn nur eine fünfte Klasse hat. Möglicherweise spiele hier die räumliche Nähe zu anderen Bildungsangeboten eine Rolle. „Wir haben aber momentan keinen Anlass am Standort zu zweifeln“, so Mäder.

    Sonderschulen/Inklusion: Die Sonderschulen heißen ab diesem Schuljahr Sonderpädagogische Bildungs- und Betreuungszentren. Grund hierfür ist die inklusive Beschulung, die seit 1. August per Schulgesetz möglich ist. Das bedeutet, dass die Eltern der betreffenden Kinder, das Recht haben, zu wählen, ob ihr Kind eine Sonderschule besucht oder im Zuge der Inklusion an eine Regelschule geht und dort zusätzlich eine spezielle Betreuung erhält. Der Landkreis Biberach ist im Bereich der Inklusion bereits seit vier Jahren Modellregion. Das wiederum erklärt auch, warum Schülerzahlen an den Sonderschulen um 9,2 Prozent gesunken sind. „Die inklusive beschulten Kinder werden an der allgemeinbildenden Schule gezählt“, erklärt Mäder. Aus seiner Sicht bedeutet die Inklusion aber nicht das Ende der Sonderschulen. „Wir gehen von einem Parallelsystem aus, sonst wäre das Wahlrecht für die Eltern ja nicht gegeben.“

    Übergangsquoten/Grundschulempfehlung: Seit dem Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung im Jahr 2012 sehen sich vor allem die Realschulen einer neuen Herausforderung gegenüber. Inzwischen haben 21 Prozent der Realschul-Fünftklässler eigentlich eine Empfehlung für eine Haupt-und Werkrealschule und 25 Prozent eine Empfehlung für das Gymnasium. „Wir haben deshalb eine hohe Verschiedenartigkeit an Lernvoraussetzungen, der man pädagogisch gerecht werden muss“, so Mäder.

    Lehrerversorgung: Der Lehrerberuf ist immer mehr Frauensache. Von den am Freitag im Biberacher Landratsamt vereidigten 278 Lehrkräften sind 230 weiblich. „Wir haben bei uns im Schulamtsbezirk eine gute Lehrerversorgung“, sagt Mäder. Dass rund 280 Lehrkräfte vereidigt werden konnten, sei ein Rekord für den Schulamtsbezirk. Zum Vergleich: Im Vorjahr waren es 120.

    Unterschrift Foto: 278 neue Lehrer, davon 230 Frauen, haben am Freitag im Biberacher Landratsamt ihren Diensteid abgelegt Bild: Klaus Brauner, ©Schwäbische Zeitung