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    31 von 80 Besuchern tragen sich in Liste zur Mitarbeit im Schwendier Helferkreis ein

    Laupheim, 20.11.2015 (Bernd Baur, ©Schwäbische Zeitung)

    Schwendi sz


    Ein Anfang ist gemacht: Nach einer knapp zweistündigen Informationsveranstaltung im katholischen Gemeindehaus rund um das Thema Flüchtlinge und die Auswirkungen auf die kommunale Ebene können sich Schwendier Bürgerinnen und Bürger eine Mitarbeit in einem Helferkreis „Flüchtlinge“ vorstellen. 31 Zuhörer trugen sich in ausgelegte Listen ein. Die meisten von ihnen schrieben ein „Ja“ in die Spalte Mitarbeit, einige können sich eine ehrenamtliche Mitarbeit eventuell vorstellen. Am 9. Dezember ist das nächste Treffen des Helferkreises geplant.

    Die bürgerliche und die kirchliche Gemeinde hatten zu dieser Veranstaltung am Dienstag geladen, etwa 80 Personen lauschten den Ausführungen. Pfarrer Martin Ziellenbach sprach vom Schwendier „Flüchtlingsgipfel“: „Gut, dass so viele gekommen sind, denn gemeinsam können wir helfen.“ Der Ortsgeistliche erinnerte daran, dass „wir Christen entsprechend dem Auftrag des Evangeliums eine Mitarbeit nicht verweigern können“.

    Wie sehr die Flüchtlingskrise jetzt schon und auch in nächster Zeit auf die Kommunen im Landkreis Biberach durchschlagen wird, war den Worten von Jürgen Kraft zu entnehmen. Der Sachgebietsleiter „Flüchtlinge“ beim Kreissozialamt holte bei seinem Vortrag weit aus. Von den Ursachen, warum Menschen fliehen, über die Fluchtwege (sogenannte Balkanroute) und die finanzielle Zuwendung des Staates für diesen Personenkreis bis hin zu den Unterbringungsmöglichkeiten (Landeserstaufnahme, Gemeinschaftsunterkunft, Anschlussunterbringung) klärte Kraft auf. Aktuell habe der Landkreis Biberach 1369 Asylbewerber aufgenommen, 700 weitere werden bis zum Jahresende dazu kommen.

    Über die konkrete Situation in Schwendi informierte Bürgermeister Günther Karrermann. Derzeit sind in Schwendi eine Mutter mit Kleinkind aus Gambia, zwei fünf- und sechsköpfige Familien aus Russland und ein Mann aus dem Irak untergebracht. Und zwar dezentral. „Wir wollen eine Konzentration vermeiden, eine Containerlösung ist das denkbar schlechteste“, sagte Karremann. An dem Ziel, die Problematik dezentral zu lösen, will der Gemeindeverantwortliche möglichst festhalten. Ende November wird Schwendi eine Großfamilie mit neun Personen (im Alter von eins bis zu 58 Jahren) aus Serbien unterbringen müssen. Dafür hat die Gemeinde ein Haus in der Biberachstrasse gekauft. „Für dieses Jahr ist das Aufnahmekontingent damit ausgeschöpft“, deutete Karremann an. Im Jahre 2016 muss Schwendi weitere 50 Asylbewerber aufnehmen. „Jeder Ortsteil ist im Boot, nicht nur die Muttergemeinde“, erklärte Karremann.

    Die Unterbringung der Asylbewerber ist eine Sache, Hilfe im Alltag und bei der Integration eine andere. Und gerade bei Letzterer ist der Staat auf ehrenamtliches Engagement angewiesen. Diesbezüglich konnten im Landkreis Biberach bereits positive Akzente gesetzt werden. Über die ökumenische Flüchtlingsarbeit der Diakonie und der Caritas wurden Helfer gewonnen, einige Helferkreise in Gemeinden gegründet, berichtete Angelika Eyrich. Sie ist bei der Diakonie Biberach angestellt und begleitet Ehrenamtliche seit sieben Monaten. Auf der Internetseite www.asyl-bc.de seien Informationen aufgelistet, auch gebe es dort ein Sachspendenportal.

    Viele denkbare Dienste

    „Wie kann ehrenamtliche Unterstützung in Schwendi aussehen?“, fragte Angelika Eyrich. Prinzipiell gleich wie in anderen Gemeinden. Patenschaften für Personen oder Familien, die Begleitung zu Ärzten oder Behörden, Kontakte knüpfen zu Vereinen, Schwendi und die Umgebung zeigen: alles denkbare Dienste für die Ehrenamtlichen. Aber auch Sprachkurse durchführen, Asylbewerber bei der eigenen Freizeitgestaltung einbinden („Nehmen Sie einen Flüchtling zum Ausflug mit“) oder eine Hausaufgabenbetreuung für Kinder anbieten komme in Frage. „Der Landkreis ist froh, wenn sich viele Bürger bereiterklären. Die Wertevermittlung läuft über Ehrenamtliche“, sieht Jürgen Kraft eine große Chance dieser Zusammenarbeit.

    Der Schlüssel einer erfolgreichen Integration liegt für Bürgermeister Günther Karremann bei den Kindern und der Sprache. „Wenn wir die Kinder über den Kindergarten und die Schule integrieren, können wir auch die Eltern integrieren“, meinte er. Und noch eines ist wichtig: „Wir müssen sie ihren eigenen Lebensunterhalt verdienen lassen“. Hierzu ergänzte Jürgen Kraft: „Wer drei Monate in Deutschland ist, kann über das Ausländeramt eine Arbeitserlaubnis beantragen.“

    Die Frage einer Zuhörerin, wann sich Helfer in den Schwendier Teilgemeinden um Asylbewerber kümmern können, konnte Bürgermeister Karremann nicht beantworten. „Im Moment können wir alle in Schwendi unterbringen. Aber in fast jedem Ortsteil wurden der Gemeinde Wohnungen angeboten“, ließ er anklingen, dass es eine Frage der Zeit sein wird. Denn dieses sehr heikle und emotionale Thema wird uns noch Jahre bewegen, glaubt Karremann.

    Der Schwendier Helferkreis „Flüchtlinge“ – Interessierte sind jederzeit willkommen – trifft sich am Mittwoch, 9. Dezember um 19 Uhr zur ersten Sitzung. Wo steht noch nicht fest. Bei diesem Treffen sollen Gruppen (Paten, Sprache, Freizeit) gebildet und die Leitung des Helferkreises festgelegt werden. Ansprechpartner bei der Gemeinde zum Thema Flüchtlinge sind Hauptamtsleiter Jürgen Lang und Susanne Magg.

    Unterschrift Foto: 80 Personen haben sich im Schwendier Gemeindehaus über Flüchtlingshilfe informiert, 31 davon trugen sich spontan in Listen für eine ehrenamtliche Mitarbeit ein. Bild: Bernd Baur, ©Schwäbische Zeitung