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    Ratsbeschluss Kreis soll Riedlingen vorerst keine weiteren Flüchtlinge zuweisen

    Riedlingen, 04.12.2015 (Bruno Jungwirth)

    Riedlingen sz
    Vorerst keine weiteren Gemeinschaftsunterkünft:

    So lautet die Bitte der Stadt an den Landkreis. Dies hat der Gemeinderat in nicht-öffentlicher Sitzung am Montag mit knapper Mehrheit beschlossen, gegen das Votum von Bürgermeister Marcus Schafft. Der Beschluss sei als Signal an die anderen Kommunen gedacht, die noch wenige Flüchtlinge aufgenommen haben, heißt es von den Räten. Der Landkreis, der für die Erstunterbringung der Flüchtlinge zuständig ist, reagierte gelassen: Man werde mit der Stadt das Gespräch suchen, betonte Pressesprecher Bernd Schwarzendorfer.

    „Der Beschluss ist ein Signal und soll auch ein bisschen ein Druckmittel sein“, sagt der CDU-Fraktionssprecher Manfred Birkle. Zwar hat die Stadt Riedlingen bislang von allen Beteiligten und auch vom Landkreis immer viel Lob für seine Kooperation in Sachen Flüchtlinge erhalten, aber nun findet eine Mehrheit der Räte, dass andere Kommunen nachziehen müssen. Derzeit gibt es noch weiße Flecken im Kreisgebiet, was Gemeinschaftsunterkünfte angeht. Und Riedlingen habe, bezogen auf die Einwohnerzahl der Kernstadt wo die Flüchtlinge leben, bereits eine Quote von fünf Prozent. Die weißen Flecken werden bald alle verschwunden sein, betonte Sozialamtsleiter Hermann Kienle in der öffentlichen Sitzung. Aber bis dahin will Riedlingen keine weiteren Zuweisungen haben, so das Signal der Räte.

    Zudem ist es dem Gemeinderat ein Anliegen, dass konkrete Objekte vor einer Belegung konkret diskutiert werden. Vor allem geht es um Gewerbeimmobilien. Da wolle man keinen Miet- oder Preisdruck rein bekommen, wie Birkle erläutert. Ulrich Bossler von den Freien Wählern will sich nicht konkret zum Beschluss in nichtöffentlicher Sitzung äußern. Doch allgemein sieht auch er, dass andere Kommunen Nachholbedarf haben.

    Bürgermeister Marcus Schafft sieht in dem Beschluss vor allem einen Appell an das Landratsamt. Denn letztlich ist der Landkreis alleinverantwortlich, legt aber großen Wert auf den Schulterschluss mit den Kommunen bei dem Thema. Dennoch hält Schafft dies für den falschen Weg. Er geht davon aus, dass andere Gemeinden nachziehen und sich die Flüchtlingsunterbringung nivelliert. Damit sieht er die Gefahr, dass auch Riedlingen bald für die Anschlussunterbringung zuständig ist. Anschlussunterbringung heißt: Nach spätestens zwei Jahren müssen die Asylbewerber aus der Gemeinschaftsunterkunft raus. Dann ist die Kommune dafür zuständig, ihnen ein Dach über dem Kopf anzubieten. Davon ist Riedlingen, aufgrund seiner hohen Zahl der Flüchtlinge in Gemeinschaftsunterkünften in der Stadt derzeit befreit.

    Durch eine weitere Aufnahme von Asylbewerbern in Gemeinschaftsunterkünften hofft Schafft, möglichst lange davon befreit zu sein - und dadurch Zeit zu gewinnen. Zeit, um Wohnungen für die Anschlussunterbringung zu haben. Denn derzeit sei die Stadt da blank. Und aufgrund der Informationen, die er bei einer Sitzung des Gemeindetags erhalten hat, geht er davon aus, dass die Flüchtlinge schneller und direkter den Kommunen zugewiesen werden. Auch dafür müsse man vorbereitet sein – sei es durch Anmietungen oder durch einen Neubau, den Schafft immer wieder in die Diskussion bringt. In der nächsten Ratssitzung soll dies auch nochmals behandelt werden. Auf den Aufruf an die Bürger freien Wohnraum zu melden hat die Gemeinde folgende Resonanz erhalten: Ihr wurden insgesamt 17 Objekte, davon 13 zur Miete, angeboten. Noch sind nicht alle bewertet, aber folgende Bilanz hat die Verwaltung gezogen: Sechs Wohnungen und ein Einfamilienhaus für insgesamt 17 bis 18 Personen könnten sofort bezogen werden. Fünf Gebäude für maximal 120 Personen müssten mit einem Aufwand von 1,2 Millionen Euro saniert werden. In der nächsten Ratssitzung wird dies diskutiert.

    Kreis sucht Gespräch

    Der Landkreis reagierte gelassen auf den Beschluss des Riedlinger Rats. Auch andere Kommunen hätten schon ähnliche Beschlüsse gefasst, so Schwarzendorfer. Man werde nun auf die Kommune zugehen und das Gespräch suchen. Grundsätzlich gehe es in Riedlingen derzeit nicht darum, noch weitere größere Einheiten zu belegen, sondern an Einzelobjekte für Familien anzumieten. „Uns liegen Angebote vor“, sagt Schwarzendorfer. Und da der Kreis derzeit weiterhin 100 Personen pro Woche unterbringen muss, werde man mit Riedlingen das Gespräch suchen.“

    Unterschrift Foto: In einem Beschluss des Riedlinger Rats wird an den Landkreis appelliert, keine weiteren Gemeinschaftsunterkünfte in Riedlingen zu etablieren. Bild: Symbol: Arne Dedert, ©dpa