Rückkehr nach Afghanistan

Vor einem Jahr berichteten wir von zwei seit November 2015 in der Ummendorfer Gemeinschaftsunterkunft Waidägle lebenden afghanischen Asylbewerbern, die im Wohnpark am Jordanbad als Bundesfreiwillige in der Hauswirtschaft arbeiten. Einer von ihnen, Sayed, darf vorerst für drei Jahre bleiben, er arbeitet noch immer als Bufdi, besucht nebenher einen Integrationskurs in Biberach und wohnt privat in Ummendorf. Letzte Woche musste er sich von seinem Mitbewohner Zahidi verabschieden. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hatte im April dessen Asylantrag abgelehnt. Da er keine Chance sah, in absehbarer Zeit seine Familie aus Afghanistan nachholen zu dürfen, legte er keinen Widerspruch ein. Er musste also innerhalb eines Monats aus Deutschland ausreisen – sonst drohte die Abschiebung. Am 31. Mai, genau an dem Tag, in dem in seinem nach Ansicht der Bundesregierung sicheren Herkunftsland über hundert Menschen durch ein Selbstmordattentat starben und hunderte verletzt wurden, hob er um 22.35 Uhr mit einer Linienmasche der Emirates von München ab. In seine Heimatstadt Khost traut er sich aus Angst vor weiterer Verfolgung der Taliban nicht zurück. Er hofft, im anonymen Kabul als Taxifahrer über die Runden zu kommen. Für uns vom Unterstützerkreis ist dies der erste Asylbewerber, den wir in eine ungewisse Zukunft verabschieden mussten. Das fiel besonders schwer, da er allen durch seine freundliche, hilfsbereite Art sehr ans Herz gewachsen war. Das von Grünen und CDU regierte Baden-Württemberg beteiligte sich bisher an Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber nach Kabul, da die grundsätzliche Entscheidung darüber, ob Abschiebungen möglich sind beim Bund liegt. Aus Deutschland kehrten 2016 rund 3.300 Afghanen freiwillig in ihre Heimat zurück, es gab 67 Abschiebungen, 2017 etwas mehr als 100. Nach dem Bombenanschlag in der afghanischen Hauptstadt verschob die Bundesregierung einen für Mittwochabend geplanten Abschiebeflug von Frankfurt nach Kabul. Zahidi musste seinen Rückflug, dem er notgedrungen freiwillig zugestimmt hatte, antreten.

Im Dezember war einer Algerierin aus der Gemeinschaftsunterkunft Waidägle kurz vor der Niederkunft ein Abschiebebescheid zugegangen. Durch Intervention eines Rechtsanwaltes konnte ihre Abschiebung vorerst hinausgezögert werden. Sie hofft nun, zum irakischen Vater ihres mittlerweile sechs Monate alten Sohnes nach Malsch ziehen zu dürfen.

Mitten im Ramadan

Bis 24. Juni feiern Muslime in aller Welt Ramadan. Als eine der fünf Säulen des Islams hat der neunte Monat des islamischen Mondkalenders für sie eine wichtige Bedeutung. Von der Morgendämmerung bis es dunkel wird, wird nichts gegessen und getrunken, ausgenommen sind Kinder und Kranke. Das Ende des Ramadan wird am Eid al-Fitr eingeläutet, Türken nennen es Zuckerfest. Dies ist die Nacht, in der sich der Neumond wieder zeigt. Im Waidägle bricht derzeit am Abend regelmäßig die Stromversorgung zusammen, wenn viele Bewohner nach einem langen Tag gleichzeitig am Herd stehen. Zwei Jugendliche aus Eritrea, orthodoxe Christen, haben ihre fünfzigtägige Fastenzeit vor Ostern schon hinter sich.


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