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    Die VHS am Rand ihrer Kapazitäten: Bedarf an Integrationskursen und Deutschkursen für Flüchtlinge ist stark gestiegen

    Laupheim, 20.10.2015 (Roland Ray, ©Schwäbische Zeitung)

    Die Volkshochschule Laupheim benötigt zusätzliche Räumlichkeiten und mehr Personal, um den lawinenartig gestiegenen Bedarf an Integrationskursen und Deutschunterricht für Flüchtlinge zu bewältigen. Das geht aus dem Bericht der VHS-Leiterin Sabine Zolper am Montag im Kulturausschuss hervor.

    „Wir haben mittlerweile drei Integrationskurse eingerichtet“, sagte Zolper. Sie könnte weitere vier bis fünf Kurse starten, denn etwa 100 Namen stehen auf einer Warteliste. Doch die Kapazitäten der VHS sind vorerst erschöpft.

    Integrationskurse waren bisher ausschließlich für EU- und andere Ausländer, die bereits einen Aufenthaltstitel in Deutschland haben. Zur klassischen Klientel zählen Menschen, die nicht als Flüchtlinge, sondern häufig der Arbeit wegen gekommen sind; sie wurden zum Teil als Fachkräfte angeworben, holen Angehörige nach. Für manche ist der Kurs Pflicht und in jedem Fall eine Voraussetzung für die Einbürgerung. Allein die Zahl der EU-Bürger in diesen Kursen, in denen es um Deutschkenntnisse, aber auch um gesellschaftliche Themen und Orientierung im Gastland geht, ist im vergangenen Jahr bundesweit um 46 Prozent gestiegen. „Das spiegelt sich auch in Laupheim“, sagt Sabine Zolper.

    Zugang zu Kursen wird erweitert

    Es wird nicht der einzige Zuwachs bleiben: Der Gesetzgeber beabsichtigt, ab Januar 2016 auch Flüchtlingen aus Syrien, Afghanistan, Irak, Iran und Eritrea, die noch keine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis besitzen, sofort den Besuch eines Integrationskurses zu ermöglichen – weil davon auszugehen sei, dass sie das Bleiberecht erhalten. Das verschärft die Kapazitätsprobleme der Laupheimer Volkshochschule. Von den Kursen, die in der Warteschleife hängen, werden nach heutigem Stand mindestens drei komplett mit Flüchtlingen besetzt sein, erläuterte Sabine Zolper der SZ. Auch der Bedarf an Deutschunterricht für Flüchtlinge nehme stetig zu, der Beratungsaufwand sei sehr hoch.

    In dieser Situation schmerzt die seit Langem beklagte Platznot der VHS besonders. „Die zusätzlichen Kursangebote waren nur möglich, weil die Baptisten-Gemeinde und die Evangelische Gemeinde Räume zur Verfügung gestellt haben“, sagt Sabine Zolper. Sie ist weiter auf der Suche.

    Der Werkraum im VHS-Haus wird so umgerüstet, dass dort ab Januar vormittags ein Integrationskurs stattfinden kann – wenn sich eine Lehrkraft dafür findet. „Bei den Dozenten“, so Zolper zur SZ, „liegt momentan unser größter Engpass.“ Das liegt auch an den hohen Ansprüchen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) an die Qualifikation.

    Sabine Zolper hat zuletzt gezielt Personen angesprochen und ermuntert, sich entsprechend ausbilden zu lassen. Zwei Frauen wurden so als Dozentinnen gewonnen. Eine bewährte Kraft aber ist vor Kurzem abgewandert. „Der Markt ist umkämpft, das hat eine neue Lücke gerissen“, sagt die VHS-Leiterin. „Wir können deshalb zurzeit keinen zusätzlichen Kurs einrichten.“

    Zu allem Überfluss rollt noch zusätzliche Arbeit auf die Geschäftsstelle zu. Das Landratsamt hat bisher für die VHS geklärt, welche Personen für die Integrationskurse infrage kommen, und sie beim Bundesamt angemeldet. Diesen freiwilligen Service beendet die Kreisbehörde zum 1. Januar 2016, weil sie selbst mit Flüchtlingsthemen ausgelastet ist. „Wir haben dies als einzigster Landkreis in Baden-Württemberg noch gemacht“, sagt Bernd Schwarzendorfer, Sprecher des Landrats. Eigentlich sei es eine Aufgabe der Kursträger, für die sie Geld bekämen.

    Ein Lichtblick immerhin: Die Ausweitung der Angebots stürzt die VHS nicht in Geldsorgen. Die Integrationskurse werden vom Bundesamt finanziert. Für Sabine Zolper steht gleichwohl fest, dass der deutliche Aufgabenzuwachs in diesem Bereich städtisches Handeln erfordert. „Wir müssen personell aufgestockt werden aus meiner Sicht, sonst bewältigen wir das nicht“, sagte sie im Kulturausschuss. Aktuell verfügt die VHS-Geschäftsstelle über 2,65 Stellen.

    Die im April beschlossene, auf ein Jahr befristete Aufstockung um 0,25 sei „die unterste Grenze und kann nur ein Anfang sein“, sagte Stadtrat Peter Hertenberger (Freie Wähler). Um die Raumnot der VHS zu lindern, „sollte das Projekt ,Hotel Post’ in die Überlegungen einbezogen werden“.

    Bürgermeister Rainer Kapellen hielt sich bedeckt. Er berichtete über eine Sitzung am Montag mit allen städtischen Ämtern, die Stellen für die Haushaltsberatungen angemeldet haben. Das müsse jetzt „zusammengebastelt“ werden. „Über den Stellenplan“, so Kapellen, „müssen wir erst mal intern reden.“

    Im Gespräch mit der Schwäbischen Zeitung betonte Sabine Zolper, dass nicht zu Lasten anderer VHS-Angebote gespart werden soll. In ihrem Jahresbericht empfiehlt sie „ein mittelfristiges Konzept, das unter Berücksichtigung der Prognosen über die Zuwanderung, der zur Verfügung stehenden Finanzierungsmittel sowie der räumlichen und personellen Kapazitäten einen Weg aufzeigt, wie möglichst alle in Laupheim lebenden Migranten ausreichend Deutsch lernen können“.

    Unterschrift Foto: Wer die gleiche Sprache spricht, versteht sich besser: ein junger Flüchtling beim Deutschunterricht. Bild: Waltraud Grubitzsch/dpa, ©dpa