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    Die Gemeinde Schemmerhofen hat binnen eines halben Jahres eine Unterkunft in der Bachgasse errichtet

    Schemmerhofen, 10.10.2016 (Markus Dreher, ©Schwäbische Zeitung)

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    Diese Woche zieht eine syrische Familie mit zwei Kindern in die neue Flüchtlingsunterkunft der Gemeinde Schemmerhofen in der Bachgasse ein. Weitere Bewohner folgen alsbald, sodass schon im Lauf der nächsten Wochen sechs der zehn Wohnungen belegt sein dürften.

    Vor dem Einzug der Ersten haben sich Räte und Ortsvorsteher, Ehrenamtliche vom örtlichen Helferkreis, Anwohner sowie Vertreter der Baufirma versammelt, um die fertiggestellte Unterkunft zu besichtigen. Bürgermeister Mario Glaser sagte, der Bau füge sich gut in die Umgebung ein und wirke nicht aufdringlich, obwohl er zehn Wohneinheiten auf zwei Geschossen umfasst. Die Baukosten lagen bei rund einer Million Euro. Die Gemeinde erhielt 300000 Euro Zuschuss und finanziert den Restbetrag über einen Kredit mit null Prozent Zinsen.

    Der Rathauschef lobte, dass die örtliche Firma Rapp die Bauarbeiten innerhalb von nur einem halben Jahr erledigt habe. Ungewöhnlich war, dass die Gemeinde den Auftrag ausschrieb, bevor sie das Grundstück erwarb; die Firma wusste also, was sie bauen sollte, aber anfangs nicht, wo. Dass die Gemeinde so aufs Tempo drückte, war der Situation im vergangenen Jahr geschuldet: Damals kamen noch jede Woche neue Flüchtlinge im Landkreis an und die Gemeinden wurden nachdrücklich aufgefordert, für die Anschlussunterbringung der Flüchtlinge zu sorgen, die die seinerzeit vollen Gemeinschaftsunterkünfte verlassen sollten.

    Inzwischen hat sich die Situation geändert, der Druck ist nicht mehr so groß. Dennoch hält Glaser die Unterkunft für sinnvoll und notwendig: „Es kommen nicht mehr so viele Flüchtlinge wie gedacht. Aber es sind noch viele in den Gemeinschaftsunterkünften des Kreises, die bald auf die Gemeinden verteilt werden“, sagte er. Dies bestätigte Jürgen Kraft, der Leiter des Amts für Flüchtlinge und Integration im Landratsamt Biberach. „Das Haus wird voll werden“, prophezeite er und verwies auf Gesetzesänderungen in Sachen Wohnsitzauflage für Flüchtlinge (siehe Zusatzinformationen).

    Glaser strich die gute Zusammenarbeit mit dem Landratsamt heraus. Kraft wiederum sagte: „Es ist aller Ehren wert, was Schemmerhofen macht.“ Dies bezog sich nicht allein auf das Gebäude und die Einrichtung: Die Wohnungen verfügen über Waschmaschinen, einfache, aber gute Küchen sowie behindertengerechte Sanitäranlagen. Sie sind darüber hinaus mit Möbeln und Geschirr ausgestattet, die allesamt von der Bevölkerung gespendet wurden.

    Mehr als ein Dach über dem Kopf

    Noch wichtiger ist wohl, dass die Bewohner außer dem Dach über dem Kopf Unterstützung im Alltag angeboten bekommen. Die Gemeindeverwaltung stellt in Person von Moni Härle eine Mitarbeiterin für die Betreuung ab. Darüber hinaus würdigte Glaser die Arbeit des Helferkreises. Marion Martin von der Caritas sagte dazu: „Eine große Zahl von hochmotivierten Ehrenamtlichen steht bereit.“ Den Flüchtlingen würden Patenschaften und Hilfe bei der Suche nach Arbeit angeboten.

    Bereits früher hatte Bürgermeister Glaser an anderer Stelle erwähnt, dass es nicht selbstverständlich ist, dass die Suche nach dem Standort für eine Flüchtlingsunterkunft ohne Aufsehen und Zwist abläuft. Deshalb war es ihm wichtig, dass viele Nachbarn zugegen waren.

    Zusatzinformationen: Neue Wohnsitzauflage für Flüchtlinge

    Baden-Württemberg hat auf Basis des neuen Integrationsgesetzes des Bundes eine Wohnsitzauflage für Flüchtlinge eingeführt. Anerkannten Asylbewerbern wird, solange sie auf staatliche Hilfe angewiesen sind, für drei Jahre ein bestimmter Wohnsitz zugewiesen. Ziel ist, die Flüchtlinge gleichmäßig zu verteilen. Jürgen Kraft, Leiter des Amts für Flüchtlinge und Integration im Landratsamt Biberach, sagte, diese würden nach sechs Monaten in den Gemeinschaftsunterkünften des Kreises auf die Gemeinden verteilt. Die Gemeinden müssen Wohnungen organisieren.

    Die Wohnsitzauflage gilt nicht für Flüchtlinge, die eine sozialversicherungspflichtige Arbeit mit einem Monatsverdienst von mindestens 712 Euro oder eine Ausbildungsstelle haben.Es geht bei der Auflage um den festen Wohnsitz. Reisefreiheit genießen auch die Flüchtlinge, die auf staatliche Hilfe angewiesen sind.

    Unterschrift Foto: Die Flüchtlingsunterkunft und die gespendeten Möbel gefielen (von links) Marion Martin von der Caritas, Jürgen Kraft vom Landratsamt und Bürgermeister Mario Glaser. Bild: Markus Dreher, ©Schwäbische Zeitung