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    Biberach erklärt sich zum sicheren Hafen für Flüchtlinge

    Biberach, 24.09.2019 (Mesale Tolu, ©Schwäbische Zeitung)

    Der Hauptausschuss des Biberacher Gemeinderats hat in der Vorberatung der Resolution „Seebrücke – schafft sichere Häfen“ des Bündnisses für Demokratie und Toleranz im Landkreis einstimmig zugestimmt. Endgültig wird der Gemeinderat in seiner Sitzung am Montag, 30. September, darüber abstimmen.

    Die Stadt Biberach zu einem „sicheren Hafen“ für in Seenot geratene Menschen zu machen, setzt einerseits voraus, eine gesamteuropäische Lösung für die Rettung, Verteilung und Aufnahme geflüchteter Menschen zu finden, und durch diesen Appell den Druck auf die politisch Verantwortlichen zu erhöhen, um die Zustände am Mittelmeer zu beenden. Andererseits soll mit der Unterstützung der Resolution die Bereitschaft der Stadt Biberach zum Ausdruck gebracht werden, weiterhin geflüchtete Menschen aufzunehmen und sie zu unterstützen.

    Appell von unten nach oben

    Der Erste Bürgermeister Ralf Miller erläuterte, dass es bei der Innenministerkonferenz der vier europäischen Länder auf Malta zu einer vorübergehenden Lösung gekommen sei, die die Seenotrettung regulieren und einen gerechten Verteilmechanismus einführen werden. „Daher geht es, auf Biberach bezogen, um einen Appell von unten und oben, sich der Sache anzunehmen und im Rahmen des geltenden Rechts zu handeln“, sagte Miller und verwies darauf, dass vor der endgültigen Abstimmung noch eine Beratung erforderlich sei.

    Johannes Walter (CDU) kritisierte die Abwesenheit des Oberbürgermeisters Norbert Zeidler, der sich im Vorfeld maßgeblich dafür eingesetzt hatte, dass die Resolution vom Gemeinderat behandelt wird. Zeidler war aufgrund von Verpflichtungen beim Deutschen Städtetag nicht anwesend. „Wer in Seenot ist, muss gerettet werden“, sei Ausdruck der klaren Positionierung seiner Partei zur Seenotfrage, sagte Walter. Klar sei ebenfalls, dass den Menschen auch in Biberach geholfen werde, wenn sie hierher verteilt würden.

    Walter erinnerte an die Aufnahme von Flüchtlingen im Jahre 2015, die hierfür geschaffenen Supportstellen bei der Stadt und die Arbeit der Volkshochschule als weiteren Schritt der Integration. „Das Thema Menschlichkeit ist für unsere Partei kein Thema, wir stehen zu 100 Prozent dahinter“, sagte Walter und ließ dennoch eine Tür für die Fraktionskollegen offen, die sich bei der Abstimmung enthalten wollen.

    Silvia Sonntag (Grüne) erklärte, dass sie ihre Fraktion den Antrag „Seebrücke – schafft sichere Häfen“ geschlossen unterstützen und für eine zügige Verteilung der in Seenot geratenen Menschen ist. „Während einerseits das Leid der Geflüchteten beendet werden muss, sollten wir auch dafür sorgen, dass längerfristig die Fluchtursachen bekämpft werden.“ Sonntag lobte die Arbeit der ehrenamtlichen Mitarbeiter und forderte die kontinuierliche Unterstützung.

    „Sicherer Hafen zu sein, ist ein Grundrecht für Menschen, das es zu wahren gilt“, sagte Steffi Etzinger (FW) und erklärte ihre Solidarität mit Menschen auf der Flucht. „Wir müssen den Druck auf die Politik erhöhen, um die Kriminalisierung der Seenotretter zu beenden“, daher sei die Abstimmung ein Zeichen, um dieses Anliegen zu signalisieren. Im Hauptausschuss wolle ihre Fraktion einheitlich zustimmen, im Gemeinderat könne es zu unterschiedlichem Stimmverhalten kommen, sagte sie.

    Historischen Gründe

    „Auch unsere Vorfahren haben sich aus politischen und wirtschaftlichen Gründen auf die Flucht begeben“ sagte Rudolf Metzger (SPD) und erinnerte an die unterschiedlichen historischen Gründe, die für Fluchtbewegungen nach Deutschland sorgten. „Jedes Jahr ertrinken Tausende Menschen im Mittelmeer, weil wir uns in Deutschland nicht einigen können“, fügte Metzger hinzu und betonte, dass seit 2014 rund 18 000 Menschen im Mittelmeer ertrunken seien. „Um die Not abzuwehren, werden wir dem Antrag einheitlich zustimmen“, so Metzer.

    Christoph Funk (FDP) hingegen bestritt die Zuständigkeit des Gemeinderats für solch eine Entscheidung: „Die Resolution ist hier fehl am Platz und unnötig.“ Der Landkreis sein zur Aufnahme von Flüchtlingen verpflichtet und habe in der Vergangenheit hervorragende Arbeit geleistet, sagte Funk und kündigte die Enthaltung der FDP bei der Abstimmung an. „Eine Unterstützung von Schlepperbanden kann nicht sein“, so Funk.

    Der Antrag wurde, bei zwei Enthaltungen von Christoph Funk und Hubert Hagel (CDU), einstimmig beschlossen und zur finalen Abstimmung an die Gemeinderatssitzung empfohlen. Mit 27 Ja-Stimmen und 22 Enthaltungen hatte der Biberacher Kreistag bereits im Juli für die Resolution „Seebrücke. Schafft sichere Häfen!“ gestimmt.

    Unterschrift Foto: Die Stadt Biberach sendet mit ihrem Ja zur Resolution „Seebrücke“ ihre Bereitschaft, aus Seenot gerettete Flüchtlinge aufzunehmen. Bild: Fabian Heinz/dpa, ©Schwäbische Zeitung