Bad Buchau sz
Mit Anregungen, Ängsten, praktischen Fragen, vor allem aber mit großem Interesse haben etwa 100 Anwohner die künftigen Flüchtlingsunterkünfte in Bad Buchau besichtigt. Gleich mehrere Vertreter des Landratsamts Biberach gaben Auskunft und führten durch die Räume des ehemaligen Rewe-Markts und des früheren „Mohren“.
Bis zu 110 Flüchtlinge könnten in den nächsten Monaten in die neuen Gemeinschaftsunterkünfte in Bad Buchau ziehen. Das sind zwar weit weniger als die zu Jahresbeginn angekündigten 240 Flüchtlinge. Dennoch legt der Landkreis wert darauf, die Unterbringung zu begleiten und die Anwohner rechtzeitig mit ins Boot zu holen. Mit großer Mannschaftsstärke war das Landratsamt deshalb bei der Besichtigung am Donnerstagabend vertreten: Hermann Kienle, Leiter des Kreissozialamts, Jürgen Kraft, Leiter des Amts für Flüchtlinge und Integration, Wohnheimleiter Ernst Grassl und Carin Straub, zuständig für die sozialpädagogische Betreuung, standen für die Fragen der vielen Besucher zu Verfügung. Aber auch Hausmeister Reinhold Mertens und die zuständigen Sozialarbeiterin Katharina Sämrow stellten sich den Anwohnern als Ansprechpartnern vor.
Aber auch die Anwohner selbst, ergänzt durch Vertreter von Verwaltung und Gemeinderat, waren in großer Anzahl erschienen. Dies zeige, dass das Flüchtlingsthema „nach wie vor bewegt“, stellte Bürgermeister Peter Diesch fest. Sobald er etwa in den vergangenen Monaten auf dem Grundstück des Busunternehmens Diesch parkte, habe sich wie ein Lauffeuer das Gerücht verbreitet: „Jetzt kommet se.“
Und nun kommen „sie“ tatsächlich. Maximal 80 Personen, „es können auch nur 40 oder 50 sein“, kündigt Amtsleiter Kraft an, werden in nächster Zeit die Schussenrieder Straße 86 einziehen. Nicht auf einmal, sondern nach und nach. Drei Familien aus der Unterkunft in Bad Schussenried werden ab nächster Woche die ersten Bewohner des ehemaligen Supermarkts sein, den Eigentümer Erich Huckle in eine „hervorragende Einrichtung“ umgebaut habe.
In Schussenried sei die Unterkunft relativ voll, deshalb werden die Flüchtlinge nach Buchau verlegt, antwortete Wohnheimleiter Grassl auf die Frage einer Anwohnerin. Da dem Landkreis derzeit nicht mehr viele neue Flüchtlinge zugewiesen werden, könne man die Wohnsituation etwas „entzerren“. Daneben versuche der Kreis, bei den Unterkünften „Kapazitäten abzubauen“, also wo möglich Mietverhältnisse zu beenden. So werde bis Jahresende auch die Unterkunft in der Buchauer Hauptstraße aufgegeben. Die 26 Bewohner werden dann in eine der beiden neuen Unterkünfte ziehen.
Auch die Gemeinschaftsunterkunft im „Mohren“ soll in den nächsten vier bis sechs Wochen mit bis zu 30 Personen belegt werden, so Sozialamtsleiter Kienle. „Wir mussten etwas beim Brandschutz nachrüsten, sonst waren die Investitionen hier überschaubar.“ Die rund 20 Zimmer, darunter auch Appartements befinden sich noch in recht gutem Zustand. Zwei größere Räume sollen tagsüber einer Arbeitsgruppe des Freundeskreis Schussenried zur Verfügung stehen. Die Aufteilung der Räume lege nahe, dass hier vor allem Familien untergebracht werden.
Im ehemaligen Rewe dagegen werde die Belegung gemischt sein, blickt Wohnheimleiter Grassl voraus: zwei Drittel Familien, ein Drittel Männer, die im vorderen Teil des Gebäudes in einem eigenen Trakt mit Gemeinschaftsküche untergebracht sind. Die weitläufigen Flure und ein Gemeinschaftsraum in der Mitte verbinden beide Bereiche. „Die Familien wollen Ruhe, die disziplinieren auch die Einzelnen“, so Grassls Erfahrung. Gebe es dennoch Probleme, könnten sich die Anwohner jederzeit an das Landratsamt wenden. Grassl ermutigte aber auch dazu, einfach auf die neuen Nachbarn zuzugehen: „Nichts ist schlimmer als Anonymität. Sagen Sie ,hallo’ – Sie werden ein ,Hallo’ zurückbekommen.“
Unterschrift Foto: Das Interesse war groß bei der Besichtigung des umgebauten Rewe-Markts. Jürgen Kraft (rechts neben Bürgermeister Peter Diesch), und Carina Straub (Dritte von rechts) vom Landratsamt Biberach stellten sich den Fragen der vielen Besucher. Bild: Annette Grüninger, ©Schwäbische Zeitung