sz-online-20151110-altshausen-khaled.jpg

    Khaled Mshi will auch in Deutschland in seinem Beruf arbeiten und macht ein Praktikum in Altshausen

    Altshausen, 10.11.2015 (Johannes Lutz, ©Schwäbische Zeitung)

    Es war schon immer der Traum von Khaled Mshi, als Apotheker zu arbeiten. In Syrien hatte er sich diesen Traum verwirklicht und zweimal eine Apotheke aufgebaut, und zweimal hatte er wegen des Krieges alles verloren und flüchtete nach Deutschland. Nun will er in Altshausen seinem Traum ein Stück näherkommen. Dafür will er alles tun: Er lernt Deutsch und macht derzeit in der Hodrus’Schen Apotheke in Altshausen ein Praktikum, um Berufserfahrung zu sammeln.

    Zweimal in der Woche arbeitet der 30-Jährige in der Apotheke und lernt dort, wie es in deutschen Apotheken abläuft. „Es ist sehr schön, wieder in einer Apotheke mithelfen zu können. Ich hab mehr als ein Jahr nicht mehr gearbeitet“, freut er sich. Sein Chef Rolf Riedle ist sehr zufrieden mit seinem Praktikanten: „Herr Mshi ist sehr interessiert und hat viele Fragen an uns. Wir versuchen, sie bestmöglich zu beantworten. Er lernt viel und arbeitet bei uns aktiv mit.“ Die Chance, dass Khaled Mshi auch in Deutschland Apotheker wird, schätzt Rolf Riedle gut ein. Der Syrer geht täglich in die Kaufmännische Privatschule Schindele in Ravensburg, um Deutsch zu lernen – das Beherrschen der deutschen Sprache ist eine wichtige Voraussetzung, damit sein Traum auch in Deutschland wahr wird.

    Unterschiede zur Arbeit in Syrien

    Khaled Mshi studierte in der jordanischen Hauptstadt Amman Pharmazie und schloss das Studium mit Auszeichnung ab. Mit der Unterstützung seiner Familie konnte er sich den Traum erfüllen und 2008 im syrischen Raqqa seine eigene Apotheke eröffnen. Die Geschäfte liefen gut. Doch die Arbeit dort war ganz anders: „In Syrien gibt es die ganze Papierarbeit nicht.“ Auch mit dem deutschen Krankenkassensystem musste er sich erst vertraut machen, weil es das in Syrien nicht gibt.

    Seine Geburtsstadt Raqqa wurde im Frühjahr 2013 von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) eingenommen. Aus Angst um sein Leben und um seine Familie beschlossen sie, die Flucht zu ergreifen und nach Kobane in den Norden Syriens zu gehen. Mshi weiß bis heute nicht, was mit seiner Apotheke in Raqqa passiert ist. Die Stadt gilt inzwischen als Hauptstadt des IS.

    Kobane war zu diesem Zeitpunkt sicher, und die Familie fühlte sich wohl. Da sie langfristig dort bleiben wollten, investierte Khaled Mshi rund 30000 Euro in eine neue Apotheke, was in Syrien im Vergleich zu Deutschland sehr viel mehr Geld ist. Der Frieden in Kobane sollte nur zehn Monate anhalten, bis der IS auch in diesem Gebiet in Syriens anfing zu wüten. Khaled Mshi, seine schwangere Frau, seine Eltern und sein Sohn Adeab wurden erneut zur Flucht gezwungen. Er kann sich noch genau an den Tag erinnern, an dem sie fliehen mussten, um ihr Leben in Sicherheit zu bringen. Es war der 19. September 2014: „Wir mussten nachts fliehen, als der IS angriff. Die Menschen aus den Dörfern kamen in die Stadt und sagten, dass der IS angreift. Wir konnten die Bomben hören. Wir sind zu Fuß in Pyjamas in die Türkei geflohen, um dort bei Verwandten Schutz zu suchen.“ Die Bilder zerstörten syrisch-kurdischen Stadt gingen um die Welt. Zum zweiten Mal musste er seine eigene Apotheke aufgeben.

    Von der Türkei aus ging die Familie nach Aleppo, in den Nord-Westen Syriens, da sie dort ein kleines Haus besitzen. Auch dort war das Leben der Familie in Gefahr. Immer mehr Menschen wurden in Aleppo in Kampfhandlungen getötet. Jedes Mal, wenn er sein Haus verließ, verabschiedete er sich von seiner Familie, als würde er sie nie wieder sehen. Scharfschützen lauerten überall und schossen auf Zivilisten, Fassbomben prasselten Tag und Nacht auf die Stadt ein. Die Angst, dass jeder Tag der letzte sein könnte, war für ihn nicht mehr auszuhalten. Also beschloss Khaled Mshi, nach Europa zu fliehen.

    Seine schwangere Frau, seinen Sohn, seine Schwester und seine Eltern musste er notgedrungen in Aleppo zurücklassen, um für sich und seine Familie Asyl zu suchen. Diesen Plan haben viele junge Männer in Syrien. Überzeugt, seiner Familie in Europa ein sicheres Leben zu ermöglichen, machte Khaled Mshi sich in einem Schiff mit 650 anderen Menschen auf den Weg. Die Überfahrt nach Italien kostete ihn 7000 US-Dollar und dauerte eine Woche.

    Prüfungen stehen noch bevor

    Kurz nachdem er in Deutschland angekommen war, kam sein zweiter Sohn auf die Welt. Im Januar bekam er ein Foto von seinem frischgeborenen Sohn geschickt und sah seinen Sprössling zum ersten Mal. Ein anderer Freund sendete ihm auch ein Bild von seiner Apotheke in Kobane. Dort, wo einmal sein Geschäft stand, ist nur noch eine Ruine zu sehen.

    Nachdem der 30-Jährige sein Asyl erhalten hatte, beantragte er eine Familienzusammenführung. Mehr als elf Monate sollte es dauern, bis der Vater seine Liebsten wiedersah. Seit rund zwei Monaten ist die Familie nun wieder glücklich vereint. Am 16. September flog seine Frau mit den Söhnen aus der Türkei nach Nürnberg. Zusammen mit einem Helfer des Altshausener Helferkreises fuhr Mshi zum Flughafen. „Ich kann es bis jetzt nicht glauben. Es war wie ein Traum für mich, als ich meine Familie wieder sah. Mein zweijähriger Sohn Adeab konnte es nicht fassen, dass ich vor ihm stand. Er musste mich anfassen, um es glauben zu können“, erzählt er mit strahlenden Augen.

    Khaled Mshi will seine Chance in Deutschland nutzen und im Dezember den nächsten großen Schritt machen, um seinem Traum Apotheker zu werden, ein Stück näherzukommen. Dann steht eine Deutschprüfung an, und er kann das nächste Sprachniveau erreichen. Außerdem muss er noch eine praktische Apotheker-Prüfung ablegen. Um noch mehr Berufserfahrung zu sammeln, muss und will er bis zu der Prüfung als Pharmazeutisch-technischer Assistent arbeiten.

    Einen Videobeitrag über den Apother Khaled Mshi sehen Sie am Mittwoch ab 18 Uhr im „Journal“ von Regio TV.

    Unterschrift Foto: Der Traum eines syrischen Apothekers Bild: Johannes Lutz, ©Schwäbische Zeitung
    sz-online-20151110-altshausen-khaled.jpg

    Khaled Mshi will auch in Deutschland in seinem Beruf arbeiten und macht ein Praktikum in Altshausen

    Altshausen, 13.11.2015 (Johannes Lutz, ©Schwäbische Zeitung)

    Es war schon immer der Traum von Khaled Mshi, als Apotheker zu arbeiten. In Syrien hatte er sich diesen Traum verwirklicht und zweimal eine Apotheke aufgebaut, und zweimal hatte er wegen des Krieges alles verloren und flüchtete nach Deutschland. Nun will er in Altshausen seinem Traum ein Stück näherkommen. Dafür will er alles tun: Er lernt Deutsch und macht derzeit in der Hodrus’Schen Apotheke in Altshausen ein Praktikum, um Berufserfahrung zu sammeln.

    Zweimal in der Woche arbeitet der 30-Jährige in der Apotheke und lernt dort, wie es in deutschen Apotheken abläuft. „Es ist sehr schön, wieder in einer Apotheke mithelfen zu können. Ich hab mehr als ein Jahr nicht mehr gearbeitet“, freut er sich. Sein Chef Rolf Riedle ist sehr zufrieden mit seinem Praktikanten: „Herr Mshi ist sehr interessiert und hat viele Fragen an uns. Wir versuchen, sie bestmöglich zu beantworten. Er lernt viel und arbeitet bei uns aktiv mit.“ Die Chance, dass Khaled Mshi auch in Deutschland Apotheker wird, schätzt Rolf Riedle gut ein. Der Syrer geht täglich in die Kaufmännische Privatschule Schindele in Ravensburg, um Deutsch zu lernen – das Beherrschen der deutschen Sprache ist eine wichtige Voraussetzung, damit sein Traum auch in Deutschland wahr wird.

    Unterschiede zur Arbeit in Syrien

    Khaled Mshi studierte in der jordanischen Hauptstadt Amman Pharmazie und schloss das Studium mit Auszeichnung ab. Mit der Unterstützung seiner Familie konnte er sich den Traum erfüllen und 2008 im syrischen Raqqa seine eigene Apotheke eröffnen. Die Geschäfte liefen gut. Doch die Arbeit dort war ganz anders: „In Syrien gibt es die ganze Papierarbeit nicht.“ Auch mit dem deutschen Krankenkassensystem musste er sich erst vertraut machen, weil es das in Syrien nicht gibt.

    Seine Geburtsstadt Raqqa wurde im Frühjahr 2013 von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) eingenommen. Aus Angst um sein Leben und um seine Familie beschlossen sie, die Flucht zu ergreifen und nach Kobane in den Norden Syriens zu gehen. Mshi weiß bis heute nicht, was mit seiner Apotheke in Raqqa passiert ist. Die Stadt gilt inzwischen als Hauptstadt des IS.

    Kobane war zu diesem Zeitpunkt sicher, und die Familie fühlte sich wohl. Da sie langfristig dort bleiben wollten, investierte Khaled Mshi rund 30000 Euro in eine neue Apotheke, was in Syrien im Vergleich zu Deutschland sehr viel mehr Geld ist. Der Frieden in Kobane sollte nur zehn Monate anhalten, bis der IS auch in diesem Gebiet in Syriens anfing zu wüten. Khaled Mshi, seine schwangere Frau, seine Eltern und sein Sohn Adeab wurden erneut zur Flucht gezwungen. Er kann sich noch genau an den Tag erinnern, an dem sie fliehen mussten, um ihr Leben in Sicherheit zu bringen. Es war der 19. September 2014: „Wir mussten nachts fliehen, als der IS angriff. Die Menschen aus den Dörfern kamen in die Stadt und sagten, dass der IS angreift. Wir konnten die Bomben hören. Wir sind zu Fuß in Pyjamas in die Türkei geflohen, um dort bei Verwandten Schutz zu suchen.“ Die Bilder zerstörten syrisch-kurdischen Stadt gingen um die Welt. Zum zweiten Mal musste er seine eigene Apotheke aufgeben.

    Von der Türkei aus ging die Familie nach Aleppo, in den Nord-Westen Syriens, da sie dort ein kleines Haus besitzen. Auch dort war das Leben der Familie in Gefahr. Immer mehr Menschen wurden in Aleppo in Kampfhandlungen getötet. Jedes Mal, wenn er sein Haus verließ, verabschiedete er sich von seiner Familie, als würde er sie nie wieder sehen. Scharfschützen lauerten überall und schossen auf Zivilisten, Fassbomben prasselten Tag und Nacht auf die Stadt ein. Die Angst, dass jeder Tag der letzte sein könnte, war für ihn nicht mehr auszuhalten. Also beschloss Khaled Mshi, nach Europa zu fliehen.

    Seine schwangere Frau, seinen Sohn, seine Schwester und seine Eltern musste er notgedrungen in Aleppo zurücklassen, um für sich und seine Familie Asyl zu suchen. Diesen Plan haben viele junge Männer in Syrien. Überzeugt, seiner Familie in Europa ein sicheres Leben zu ermöglichen, machte Khaled Mshi sich in einem Schiff mit 650 anderen Menschen auf den Weg. Die Überfahrt nach Italien kostete ihn 7000 US-Dollar und dauerte eine Woche.

    Prüfungen stehen noch bevor

    Kurz nachdem er in Deutschland angekommen war, kam sein zweiter Sohn auf die Welt. Im Januar bekam er ein Foto von seinem frischgeborenen Sohn geschickt und sah seinen Sprössling zum ersten Mal. Ein anderer Freund sendete ihm auch ein Bild von seiner Apotheke in Kobane. Dort, wo einmal sein Geschäft stand, ist nur noch eine Ruine zu sehen.

    Nachdem der 30-Jährige sein Asyl erhalten hatte, beantragte er eine Familienzusammenführung. Mehr als elf Monate sollte es dauern, bis der Vater seine Liebsten wiedersah. Seit rund zwei Monaten ist die Familie nun wieder glücklich vereint. Am 16. September flog seine Frau mit den Söhnen aus der Türkei nach Nürnberg. Zusammen mit einem Helfer des Altshausener Helferkreises fuhr Mshi zum Flughafen. „Ich kann es bis jetzt nicht glauben. Es war wie ein Traum für mich, als ich meine Familie wieder sah. Mein zweijähriger Sohn Adeab konnte es nicht fassen, dass ich vor ihm stand. Er musste mich anfassen, um es glauben zu können“, erzählt er mit strahlenden Augen.

    Khaled Mshi will seine Chance in Deutschland nutzen und im Dezember den nächsten großen Schritt machen, um seinem Traum Apotheker zu werden, ein Stück näherzukommen. Dann steht eine Deutschprüfung an, und er kann das nächste Sprachniveau erreichen. Außerdem muss er noch eine praktische Apotheker-Prüfung ablegen. Um noch mehr Berufserfahrung zu sammeln, muss und will er bis zu der Prüfung als Pharmazeutisch-technischer Assistent arbeiten.

    Einen Videobeitrag über den Apother Khaled Mshi sehen Sie am Mittwoch ab 18 Uhr im „Journal“ von Regio TV.

    Unterschrift Foto: Der Traum eines syrischen Apothekers Bild: Johannes Lutz, ©Schwäbische Zeitung