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    Ochsenhauser Flüchtlingsfamilie erfährt große Hilfsbereitschaft bei ihrem Neuanfang

    Ochsenhausen, 14.10.2016 (Daniel Häfele, ©Schwäbische Zeitung)

    Ochsenhausen sz
    Die Tochter spielt mit ihrer Geige in den großen Konzertsälen dieser Welt, die Mutter ist vor einem Jahr als Flüchtling nach Ochsenhausen gekommen. Die Geschichte der Familie Nakad zeigt, wie unterschiedlich die Lebensläufe von geflüchteten Menschen sein können. Die 49-jährige Mutter Arjawan Hamschu möchte den hilfsbereiten Menschen in der Region Danke sagen – und zwar mit einem Konzert ihrer Tochter Rita Nakad in Biberach und Erolzheim.

    In der Wohnung der syrischen Familie Nakad in Ochsenhausen hängen bunte Luftschlangen. „Vor zehn Tagen ist mein Vater gekommen“, sagt die 16-jährige Renee Nakad, die das Gymnasium Ochsenhausen besucht. Sie und ihre Mutter stellten nach dem Erhalt ihres Bleiberechts einen Antrag auf Familiennachzug für den 48-jährigen Ehsan Nakad. Vor knapp zwei Wochen durfte der Familienvater zu ihnen nach Ochsenhausen kommen. „Ihn nach mehr als einem Jahr wiederzusehen, war unbeschreiblich. Wir haben gleichzeitig geweint und gelacht“, erzählt die Zehntklässlerin.

    Vor etwa einem Jahr kam Arjawan Hamschu und ihre zweite Tochter, Renee Nakad, in die Rottumstadt. Die Familie flüchtete vor 14 Jahren aus Syrien nach Venezuela. Das Leben in Syrien sei auch vor dem Krieg schwer gewesen, es herrschte Diktatur, erzählt Arjawan Hamschu. Deshalb fassten sie und ihr Mann den Entschluss, mit beiden Töchtern nach Venezuela zu gehen. „Dort lebte ich dann 14 Jahre lang in Angst“, sagt Hamschu. Venezuela, ein Land das jahrelang von seinem Ölreichtum wirtschaftlich profitierte, ist im Mangel angekommen. Güterknappheit und Hyperinflation, Strom- und Wassersperren sowie eine hohe Kriminalitätsrate sind die Folgen. Angesichts der zuspitzenden politischen Lage und des Versorgungsnotstands im Land rät das Auswärtige Amt von nicht dringenden Reisen nach Venezuela ab. Hamschu wollte ein besseres Leben für ihre Töchter. Sie entschied sich, mit Renee Nakad nach Deutschland zu gehen.

    Ihre ältere Tochter, Rita Nakad, schaffte es dank finanzieller Unterstützung aus eigener Kraft aus dem Elend heraus. Sie ging 2012 nach Basel, um ein Studium an der Hochschule für Musik aufzunehmen. Seit 2014 ist sie Mitglied des West Eastern Divian Orchesters, mit dem sie in großen Konzertsälen der Welt gespielt hat. Großes Festspielhaus in Salzburg, die Royal Albert Hall in London oder die Berliner Philharmonie – das sind nur einige Beispiele für die Orte, an denen Rita Nakad mit ihrer Violine auftrat.

    Mutter findet Arbeit

    Ende Oktober kommt eine weitere Stätte hinzu: das Martin-Luther-Gemeindehaus in Biberach. Die ökumenische Flüchtlingsarbeit organisiert ein Konzert mit Aeham Ahmad, der mit dem Internationalen Beethovenpreis ausgezeichnet wurde, und der Violinistin Rita Nakad. „Mit dem Auftritt meiner Tochter möchte ich mich bei den Menschen für ihre Hilfsbereitschaft bedanken“, sagt Hamschu. Sie fragte ihre Tochter, ob sie ins Martin-Luther-Gemeindehaus kommt.

    Diese Hilfsbereitschaft ist im Fall der Familie groß gewesen, was ihnen die Integration erleichterte. Hamschu arbeitet Vollzeit im Erolzheimer Seniorenheim und engagiert sich in der Ochsenhauser Projektwerkstatt Nähtreff. Tochter Renee Nakad spricht nahezu perfekt Deutsch.

    Die ganze Familie freut sich auf das Konzert Ende Oktober. Die eigene Tochter bei einem Auftritt zu sehen, sei etwas Besonderes, so Hamschu. Bei diesem einen Auftritt in der Region wird es allerdings nicht bleiben – Rita Nakad kommt auch nach Erolzheim. Ein konkreter Termin steht bislang noch nicht fest.

    Das Konzert der ökumenischen Flüchtlingsarbeit findet am Samstag, 29. Oktober, ab 20 Uhr im Martin-Luther-Gemeindehaus in Biberach statt. Karten gibt es im Vorverkauf. Weiter Informationen gibt es im Internet unter

    www.asyl-bc.de

    Unterschrift Foto: Eine künstlerische Familie (von links): Arjawan Hamschu, Renee Nakad und Ehsan Nakad. Bild: Daniel Häfele, ©Schwäbische Zeitung