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    Fast jeder dritte Einwohner Laupheims hat einen Migrationshintergrund. Das geht aus einem Bericht der städtischen Integrationsbeauftragten Erna Fischbach für den Gemeinderat hervor.

    Laupheim, 20.05.2018 (Roland Ray, ©Roland Ray)

    21 825 Menschen lebten im Dezember 2016 in Laupheim. 6400 von ihnen – das sind 29,3 Prozent – wiesen einen Migrationshintergrund auf. Der überwiegende Teil dieser Gruppe – 84 Prozent – wohnte in der Kernstadt.

    Aufschlussreiche Fakten liefert eine Analyse der Altersstruktur. Demnach leben nahezu gleich viele Kinder mit und ohne Migrationshintergrund in Laupheim. Erst ab der schulischen Sekundarstufe 2, also etwa ab 15 Jahren, nimmt die Anzahl junger Menschen ohne Migrationshintergrund im Verhältnis zu.

    Eine Aufteilung nach „nationalstaatlichem Hintergrund“ zeigt, dass die meisten Migranten aus der ehemaligen Sowjetunion kommen: Ende 2016 waren im Einwohnermeldeamt 735 Menschen aus Kasachstan und 716 aus der russischen Föderation registriert. 914 Laupheimer hatten türkische, 640 kroatische Wurzeln. Die viertgrößte Gruppe stellten 142 Flüchtlinge aus Syrien.

    Seit 2014 ist der Zuzug nach Laupheim jedes Jahr ungefähr gleich hoch gewesen. Der Anteil der EU-Bürger lag jeweils deutlich über dem von anderen Ausländern.

    Der deutsche Arbeitsmarkt wird zunehmend von Migration beeinflusst. Die Hauptgründe sind Zuwanderung infolge der uneingeschränkten Arbeitnehmerfreizügigkeit für die neuen osteuropäischen Mitgliedstaaten der EU, die EU-Schuldenkrise und Fluchtmigration. Die Quote der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Ausländer differiert in Laupheim nur unwesentlich vom kreis- und landesweiten Prozentsatz. Dasselbe gilt für die Arbeitslosenzahlen: In Baden-Württemberg sind 24 Prozent der arbeitslos gemeldeten Menschen Ausländer, im Kreis Biberach und in Laupheim sind es 26 Prozent.

    Mehr Aufwand erforderlich

    Erna Fischbach sieht ihren Bericht auch „als Anstoß zu konkretem Handeln in verschiedenen Themenfeldern“.

    Stichwort Sprache: Als wichtigster Schlüssel für die Integration von Zuwanderern – auch in den Arbeitsmarkt – gilt das Erlernen der deutschen Sprache. Hier setze die Stadt Laupheim gezielt in den Kitas und Schulen an – ein Weg, der beibehalten werden soll. Dazu kommen Sprach- und Integrationskurse der Volkshochschule und Sprachförderangebote von Ehrenamtlichen.

    Stichwort Wohnraum: „Wohnen darf nicht zur Sackgasse für Integration werden“, mahnt Fischbach und betont, dass sowohl für sozial schwache Menschen mit und ohne Migrationshintergrund wie auch für Flüchtlinge sozialer Wohnungsbau die räumlichen Voraussetzungen für ein gutes Zusammenleben schaffen könne. In Laupheim seien bezahlbare Wohnungen für geringe und mittlere Einkommen besonders in der Kernstadt gefragt. Fazit: „In Laupheim ansässige Unternehmen sollten mehr in bezahlbaren Wohnraum investieren.“

    Eigene Wahrnehmung der Migranten: Im Januar 2018 wurden Teilnehmer der Integrations- und Sprachkurse an der VHS zu ihrem Leben in Laupheim befragt. Die Auswertung der Fragebögen ergab: Die meisten Flüchtlinge sahen sich bei der Ankunft gut beraten und betreut. Dagegen fühlten sich Migranten, die der Arbeit wegen zugezogen sind, zu Beginn mehrheitlich orientierungslos, allein gelassen und überfordert von Bürokratie; viele beklagten, dass es kaum Kontakt zu Einheimischen gäbe. Die Wohnungssuche wird durchweg als große Herausforderung beschrieben. Positiv bewertete die Mehrheit der Befragten die Angebote der Sprachförderung und die Kinderbetreuung in Kitas und Schulen.

    Handlungsbedarf: „Für die Laupheimer Integrationsaktivitäten ergibt sich daraus die Notwendigkeit, noch mehr Aufklärungsarbeit sowohl bei den Ankommenden als auch für die aufnehmende Gesellschaft zu leisten und niedrigschwellige Begegnungen zu erleichtern“, schreibt Erna Fischbach. Vorstellbar seien „Erstinformationsgespräche“ für neu Zugezogene. Die zuletzt stark ansteigende Zuwanderung, besonders aus Osteuropa, erfordere einen höheren Beratungs- und Integrationsaufwand, „dem von hauptamtlicher Seite Rechnung getragen werden muss“. In der Flüchtlingsarbeit aufgebaute Strukturen könnten hierzu angepasst und genutzt werden.

    „Laupheim kann sich glücklich schätzen, dass es so viele engagierte Akteure in der Stadt gibt, die sich für eine gelingende Integration einsetzen“, resümiert Fischbach. Jedoch müsse das bürgerschaftliche Engagement mehr finanzielle und organisatorische Unterstützung von der Stadt erfahren. Fischbach strebt einen Arbeitskreis mit haupt- und ehrenamtlichen Akteuren in der Migrations- und Flüchtlingsarbeit an. Verwaltungsintern soll ein Arbeitsstab zum Thema Integration eingerichtet werden.

    Unterschrift Foto: Zwischen 550 und 650 Menschen sind in den vergangenen Jahren jeweils aus dem Ausland nach Laupheim gezogen. Der Anteil der EU-Bürger überwog dabei deutlich Bild: Grafik: SVL, ©Grafik: SVL