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    Hochschule Biberach bietet das vom DAAD geförderte Projekt „Welcome“ an

    Biberach, 10.05.2016

    Biberach sz
    „Welcome“ heißt ein Projekt zur Integration geflüchteter Menschen an der Hochschule Biberach (HBC). Flüchtlinge sollen als Gasthörer die Möglichkeit erhalten, Vorlesungen an der HBC zu besuchen. Das Willkommensprojekt wird gefördert durch den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD). Zwei Programmlinien hatte der DAAD Ende 2015 bundesweit ausgeschrieben, um hochschulspezifische Angebote für Menschen auf der Flucht zu unterstützen: In der Ausschreibung „Welcome“ war die HBC erfolgreich; für die zweite Ausschreibung („Integra“) steht die Entscheidung noch aus.

    Mit den Fördermitteln in Höhe von rund 7000 Euro finanziert die Hochschule vor allem zwei Tutoren: Cina Mael Bockstahler (24 Jahre) und Mustafa Selman (23) organisieren das „Welcome“-Projekt im Auftrag und unter Leitung des Akademischen Auslandsamts. Die beiden Studenten – Bockstahler studiert Architektur, Selman Energie-Ingenieurwesen – sind Ansprechpartner für alle Fragen zum „Welcome“-Projekt, sie suchen Mentoren unter den Kommilitonen, die Gasthörer durch den Studienalltag begleiten und noch mehr: Die Flüchtlinge sollen ein Stück weit den Alltag an der Hochschule erfahren, beispielsweise wie man die Bibliothek oder das Rechenzentrum nutzt, wo Vorlesungen stattfinden, wo Studenten zum Essen gehen.

    21 Flüchtlinge stellten Antrag

    Immer montags treffen sich Cina Bockstahler und Mustafa Selman außerdem mit den Mentoren und den Gasthörern. 21 Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan, China, Tibet, Gambia, Iran, Eritrea und Kamerun haben einen Gasthörer-Antrag gestellt, vier wurden bisher genehmigt, die anderen werden folgen.

    Idee und Ziel des Akademischen Auslandsamts ist, in allen Studiengängen Flüchtlinge zu integrieren und aus allen Studiengängen Mentoren zur Unterstützung zu finden. „So weit sind wir noch nicht“, sagt Claudia Nießen vom Akademischen Auslandsamt, die das Projekt verantwortet. Doch das Projekt ist erst Mitte März gestartet „und die Studenten haben schon richtig viel auf die Beine gestellt“, um einen vielfältigen Campus zu gestalten, der Flüchtlingen Begegnungen mit jungen Menschen aus dem In- und Ausland ermöglicht, die an der HBC studieren.

    Auch gemeinsame Unternehmungen, Feste oder Workshops sind geplant. Am 25. Mai etwa lädt das „Welcome-Projekt“ unter der Überschrift „Alles was Räder hat“ ein. Gemeinsam wollen die Studenten Fahrräder und andere Fortbewegungsmittel wie Inliner, Roller, Buggys sammeln und reparieren. „Die Geflüchteten sollen mobil sein und sich in Biberach selbstständig bewegen können“, sagt Cina Bockstahler.

    Diejenigen, die sich bisher im Büro der beiden Tutoren gemeldet haben, die immer montags und mittwochs in der Zeit von 9 bis 11 Uhr Fragen von Flüchtlingen beantworten, sind zwischen 18 und 30 Jahre alt. Darunter sind junge Männer als auch Frauen und fast alle haben sie in ihrer Heimat studiert. Die meisten sprechen gut deutsch, brauchen aber eine Art Starthilfe, um sich an einer deutschen Hochschule zurechtzufinden. Später, so vermuten Bockstahler und Selman, werde weniger Betreuung notwendig sein.

    Selman: „Etwas zurückgeben“

    Was hat die beiden Tutoren bewegt, neben dem eigenen Studium die Stellen im Akademischen Auslandsamt zu übernehmen? Mustafa Selman stammt aus dem Irak. Er war sechs Jahre alt, als er mit seiner Familie flüchtete und nach Deutschland kam. „Ich weiß, wie wichtig es ist, Menschen zu haben, die einem in dieser Situation Halt geben“, sagt er und sieht es als „seine Pflicht“ an, etwas von dem zurückzugeben, was er damals erhalten hat. Cina Mael Bockstahler hat schon Erfahrung in der Arbeit mit Flüchtlingen. Sie hat sich im Biberacher Living-Room, einem Deutsch-Trainings-Ort, engagiert und Spaß daran, wenn sie sieht, „dass sich Menschen nach einem schwierigen Start integrieren können“.

    Weitere Angebote für Geflüchtete will die HBC mit dem Integra-Antrag schaffen, den die HBC ebenfalls beim DAAD eingereicht hat. Wird er bewilligt, finden die Biberacher Gasthörer weitere Möglichkeiten. Geplant sind Sprachkurse und Vorlesungen in den Grundlagenfächern des Ingenieurwesens wie Mathematik oder Technische Mechanik. Bis zu 14 Semester-Wochenstunden könnten Flüchtlinge dann an der Hochschule Biberach verbringen; aktuell umfasst das „Welcome-Projekt“ vier Semester-Wochenstunden pro Person, also drei Zeitstunden pro Woche.

    Das Welcome-Team ist erreichbar per E-Mail an welcome(at)hochschule-bc.de. Willkommen sind Sachspenden für den Workshop „Alles was Räder hat“

    Unterschrift Foto: Mustafa Selmann und Cina Mael Bockstahler betreuen Geflüchtete im Welcome-Projekt der Hochschule Biberach. Bild: Stefan Sättele, ©Schwäbische Zeitung