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    Flüchtlingsbeauftragte des Landkreises Biberach spricht über die Integration im Kreis

    Biberach, 03.11.2017 (Tanja Bosch, ©Schwäbische Zeitung)

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    Im Landkreis Biberach leben aktuell 3411 Flüchtlinge. Diese Menschen zu integrieren ist eine große Herausforderung. Redakteurin Tanja Bosch hat mit Simone Bleichner, der Flüchtlingsbeauftragten des Landkreises Biberach, gesprochen.

    Wie meistert der Landkreis Biberach diese Aufgabe?

    Für mich gilt es, bei dieser Frage Integration in zwei Bereiche zu gliedern. Zum einen die Ebene der strukturellen Integration und zum anderen die soziale emotionale Integrationsebene. Im Landkreis Biberach können wir inzwischen auf eine sehr gute klare Struktur zwischen Landkreis, Gemeinden und den freien Trägern zurückgreifen. Die Menschen werden bei uns vom ersten Tag an mit allen Grundbedürfnissen wie beispielsweise Wohnmöglichkeiten und Geldleistungen versorgt. Des Weiteren bekommt jeder sehr zeitnah die Möglichkeit einen Sprach- und Integrationskurs zu besuchen. Die soziale und emotionale Ebene der Integration vor Ort gelingt nur, wenn alle Beteiligten gut zusammenwirken.

    Caritas und Diakonie haben sich in der ökumenischen Flüchtlingsarbeit zusammengeschlossen und unterstützen 48 Helferkreise im Landkreis Biberach. Ohne dieses ehrenamtliche Engagement könnte die emotionale Integration vor Ort nicht gelingen. Hier werden Hürden, Ängste und Vorurteile bei den Bürgern abgebaut. Mit den daraus entstehenden persönlichen Bindungen können diese Neubürger eine neue Heimat finden. Zudem werden für die Anschlussunterbringung gerade 20 bis 25 Integrationsmanager bei uns im Amt für Flüchtlinge und Integration eingerichtet. Diese Stellen sind vom Land gefördert .Integrationsmanager sollen für die Städte, Gemeinden und Flüchtlinge vor Ort direkte Ansprechpartner sein

    Was ist für Sie der Schlüssel zur Integration?

    Das Wichtigste ist die Sprache. Mit dem Interesse an der Sprache, der Kultur, den Werten und den Gesetzen unserer Gesellschaft öffnen sich viele Türen und Zugänge. Die Flüchtlinge haben in ihrem Rucksack ihre eigene Geschichte und kulturelle Prägungen. Diese zwei Welten zu verbinden, ist für mich eine gelungene Integration. Integration soll nicht Assimilation bedeuten. Kulturelle Unterschiede und kulturelle Vielfalt darf in Deutschland mehr Raum einnehmen. Natürlich ist die Toleranz für neue Mitbürger ein wichtiger Baustein der Integration.

    Was kann die Bevölkerung tun, um möglicherweise Parallelgesellschaften zu verhindern?

    In der Regel entstehen Parallelgesellschaften immer dann, wenn einzelne Gruppen sich ausgegrenzt fühlen oder ausgegrenzt werden. Das wollen wir vermeiden. Dafür braucht es Offenheit, Akzeptanz und Toleranz von allen Beteiligten. Jeder Einzelne kann etwas tun, um die Ausgrenzung zu vermeiden. Einen wichtigen Teil tragen dazu die vielen Ehrenamtliche in unserem Landkreis bei.

    Welche Rolle spielen Unternehmen bei der Integration?

    Unternehmen sind eine tragende Säule bei der Integration. Die Bereitschaft Arbeits- und Ausbildungsplätze für Flüchtlinge anzubieten, ist für viele Unternehmen zunächst einmal mit zusätzlichem Aufwand verbunden. Arbeit ist ein weiterer wichtiger Faktor der Integration, um in den Strukturen unseres Zusammenlebens anzukommen. Flüchtlinge können so aktiv unsere Gesellschaft mitgestalten und finden in der Struktur Sicherheit.

    Wie sollten sich die Menschen verhalten, die aus ihrer Heimat zu uns geflohen sind?

    Es ist von Vorteil, wenn sie bereit sind, sich zu öffnen und sich für unsere Kultur, Werte und Mentalität zu interessieren. Dies fällt sicherlich nicht jedem gleich leicht. Es braucht Zeit und manchmal auf beiden Seiten einen langen Atmen. Aber ich bin der Meinung, es lohnt sich für alle und ist eine große Bereicherung für jeden Einzelnen.

    Unterschrift Foto: Die Grafik zeigt, woher die meisten Flüchtlinge kommen Bild: , ©Schwäbische Zeitung