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    Zuweisungen sind derzeit höher als für 2016 geplant – Kreis braucht weitere Stellen

    Biberach, 29.02.2016 (Andreas Wagner, ©Schwäbische Zeitung)

    Biberach sz
    Noch bis Mitte 2016 reichen die derzeit vorhandenen Plätze für die Erstunterbringung von Flüchtlingen im Landkreis Biberach aus. Zwar kommen seit Januar deutlich weniger Flüchtlinge im Landratsamt an als noch im November und Dezember 2015, von Entspannung könne aber keine Rede sein, sagte Sozialdezernentin Petra Alger am Montag im Jugendhilfe- und im Sozialausschuss des Kreistags.

    Aufgrund der niedrigeren Zahlen hat das Land die Zuweisungsquote von 98 auf 73 Flüchtlinge pro Woche gesenkt. Bliebe das so bis zum Jahresende, kämen knapp 3800 Flüchtlinge neu in den Landkreis – deutlich mehr als die eigentlich geplanten 2100. „Wir wissen nicht, wie sich das weiterentwickelt“, so Alger. Ende Februar lebten knapp 2800 Flüchtlinge im Landkreis, davon etwa 2200 in Gemeinschaftsunterkünften. Die gesenkten Zuweisungszahlen vorausgesetzt, reichen die Plätze dort noch bis etwa Mitte des Jahres. Neben großen Gebäuden gehe der Landkreis nun auch vermehrt in die Anmietung kleinerer Gebäude. „Da werde uns von privater Seite auch immer wieder Objekte angeboten“, so Alger. Dies habe den Vorteil, dass die Menschen im Idealfall dort wohnen bleiben könnten und nicht in eine Anschlussunterbringung müssten.

    Mangel an Sozialpädagogen

    Um das Ganze auch bewältigen zu können, wird das Landratsamt in der kommenden Woche weitere 16,2 befristete Stellen für die Flüchtlingsarbeit beim Kreistag beantragen. Diese sind aber bereits zum Großteil von Bund, Land oder anderen Kostenträgern gegenfinanziert. Das größere Problem sei, so Alger, diese Stellen adäquat zu besetzen. Vor allem gute Sozialpädagogen seien immer schwieriger zu bekommen.

    Mehr als 100 junge Flüchtlinge im Landkreis

    Eine große Herausforderung für den Landkreis sind auch die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge (inzwischen „unbegleitete minderjährige Ausländer“ (UMA) genannt), deren Zahl sich wie die der Flüchtlinge insgesamt seit Sommer vergangenen Jahres sprunghaft nach oben entwickelt hat. Nach Angaben von Kreisjugendamtsleiterin Edith Klüttig im Jugendhilfeausschuss leben derzeit etwas mehr als 100 junge Flüchtlinge im Landkreis, bis Jahresende rechnet sie mit rund 250. Die minderjährigen Flüchtlinge stammten vor allem aus Afghanistan, Syrer seien die zweitgrößte Gruppe. Die meisten der derzeit im Kreis lebenden jungen Flüchtlinge seien 16 oder 17 Jahre alt, sagte Klüttig.

    Kaum mehr neue Gastfamilien

    Untergebracht sind die jungen Flüchtlinge bisher meist bei Gastfamilien. Rund 60 Jugendliche lebten derzeit bei 40 Gastfamilien, so Klüttig. Diese Unterbringungsart scheint aber ausgereizt zu sein. „Die Gastfamilien haben uns über die schwierige erste Phase geholfen, aber wir sind an der Kapazitätsgrenze“, sagt die Jugendamtsleiterin. Über die Mitteilungsblätter der Gemeinde soll noch einmal ein Aufruf gestartet werden, doch der Kreis plant verstärkt in eine andere Richtung: eigene Angebote einzurichten, wie es sie beispielsweise im „Waidägle“ in Ummendorf – an die dortige Gemeinschaftsunterkunft ist eine Unterkunft für zehn bis 15 minderjährige unbegleitete Ausländer angegliedert – oder in der Nähe des Biberacher Bahnhofs bereits gibt. „Wir müssen solche Wohngruppen jetzt sukzessive einrichten, sagte Sozialdezernentin Alger im Sozialausschuss.

    Jugendamt hat nicht genug Personal

    Angesichts der steigenden Zahl an Minderjährigen, die ohne Begleitung nach Deutschland eingereist sind, sind immer mehr Vormundschaften nötig. Diese Personen begleiten die geflüchteten Kinder und Jugendlichen und tragen dazu bei, dass sie sich in einer für sie fremden Umgebung, Kultur und Sprache zurechtfinden. Das Jugendamt selbst hat nicht so viel Personal, um alle Vormundschaften selbst zu übernehmen, deshalb rücken über Amtsvormundschaften hinaus verstärkt ehrenamtliche Einzelvormundschaften in den Vordergrund. Alternativen sind auch Berufs- oder Vereinsvormundschaften.

    Unterschrift Foto: Seit Jahresbeginn sind im Kreis Biberach zwar weniger Flüchtlinge angekommen als im November und Dezember 2015. Von Entspannung will man im Landratsamt allerdings nicht reden. Das Archivfoto zeigt die Registrierung von Flüchtlingen in Sigmaringen Bild: Roland Rasemann, ©Schwäbische Zeitung