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    Jugendkunstschule präsentiert spritzig-witzige Theaterperformance „Love, Love, Love“

    Biberach, 23.06.2016 (Günter Vogel, ©Schwäbische Zeitung)

    Biberach sz
    Einen „ Liebes-Leiden-Reigen“ hat die Jugendkunstschule (Juks) Biberach unter dem Titel „Love, Love, Love“ am Mittwoch im Komödienhaus präsentiert. Die Idee dazu stammt von Juks-Leiterin Susanne Maier, die das Ganze mit zwölf Mädchen und sieben Jungen zwischen 13 und 21 Jahren inszenierte.

    Jugendliche aus Biberach und Umgebung gestalteten gemeinsam mit syrischen Flüchtlingen Szenen über die Entdeckung des anderen Geschlechts, über Begegnungen, Flirten, Imponiergehabe, Konflikte, Macht und Ohnmacht der Liebe, Irrungen und Wirrungen der Gefühle. Die Texte der Szenen stammen von Shakespeare, dessen 400. Todestag am 23. April begangen wurde, von Christoph Martin Wieland, vom Ulmer Ralf Rainer Reimann, der seine Szenen „Paartie“ nannte. Er ließ ein Mädchen und einen Jungen ihre mit explizitem Ego überspielten Unsicherheiten, Gefühlswirrungen, seelischen Ausnahmezustände zeigen: „Du kapierst nur, was du kapieren willst!“ Letztlich redete jeder nur von sich und für sich. Die ganze Expressionspalette von aufmüpfig bis mutlos wurde durchgespielt.

    Die beiden Mitspieler Luca Wetterau und Yusra Ceran hatten ebenfalls Texte beigesteuert. Einige Spieler führten bei Einzelszenen auch Regie. Dramaturgin Kerstin Buchwald hatte die Klassikerszenen zusammengestellt, Ulrike Marquardt fungierte als musikalische Leiterin. Von der Modedesignerin Andrea Lintner-Fimpel stammten die fantasievollen Kostüme.

    Etwas befremdlich begann es im Stil eines Chicago-Thrillers. Das gesamte Ensemble brachte sich mit Spielzeugpistolen um die Ecke, glücklicherweise konnten die vielen Leichen dann fröhlich weiterspielen. Die Szenen und Songs trugen Titel wie „Love is in the air“, dann vom „Womenizer“ Christoph Martin Wieland „Lass uns unersättlich küssen“ und „Ein Küsschen“ und „Ein Busen reizt“. Shakespeare bot sich jungen Leuten mit den vier Verliebten aus dem „Sommernachtstraum“ geradezu zwingend an. Es gab dann auch deutsch-englische Dialoge. An einer Stelle war Arabisch zu hören.

    Der Wechsel zwischen Klassik und modernem Sprachduktus war im Prinzip schön gelungen, einige Verdauungstrakt-affine Formulierungen waren allerdings überflüssig. Bei „Romeo und Julia“ lässt der Dichter, nachdem Julia ihren toten Geliebten vor sich sieht, diese sagen: „Ich will deine Lippen küssen. Deine Lippen sind warm.“ Im Komödienhaus sagte sie: „Shit!“ Kein Kommentar.

    Insgesamt waren die jungen Spieler mit beeindruckender Intensität bei der Sache, sprachen anschaulich die Klassikertexte. Natürlich sind die sprachlichen Fähigkeiten unterschiedlich, überzeugend immer die Unmittelbarkeit, die direkte und ungekünstelte Interpretation. Die syrischen Mitwirkenden waren sehr gut verständlich. Einer der jungen Männer, der weder Deutsch noch Englisch konnte, hatte fleißig Shakespeare geübt, interpretierte den Romeo körpersprachlich mit anrührender Überzeugungskraft.

    Auch mal Slapstick

    Die Regisseurin hat mit flotter Personenführung auch eine gute Raumaufteilung umgesetzt. Eine Szene von vier Mädchen mit synchroner Choreografie von Kopf, Gesicht, Armen und Beinen hatte sehr viel Charme. Der Song „Lovin you“ kommt mit intensivem „West-Side-Story“-Touch daher. Die Jungenszenen geraten auch schon mal zum Slapstick – passt gut, macht Darstellern wie Zuschauern Spaß. Eindrucksvoll eine Szene, in der vier Jungs in ihre Smartphones quatschen: Keine Kommunikation untereinander – das beschreibt treffend die heutige Realität.

    Kein Schlusssong hätte für das Ensemble besser gepasst als „All you need is love“ von den Beatles. Damit endeten spannende und kurzweilige, Freude und auch Nachdenklichkeit erzeugende 90 Minuten gelungenes und schönes Theater.

    Auf der Studiobühne der Juks (Hindenburgstraße) gibt es noch zwei Vorstellungen am Freitag, 8. Juli und am Samstag, 9. Juli, Beginn ist jeweils um 20 Uhr.

    Unterschrift Foto: Von Shakespeare bis zur Gegenwart – immer geht es um die Liebe. Die Performance „Love, Love, Love“ der Jugendkunstschule widmete sich diesem unsterblichen Thema Bild: Günter Vogel, ©Schwäbische Zeitung