Rund 60 Flüchtlinge sind am Freitagnachmittag mit Bussen am Biberacher Landratsamt angekommen und wurden auf Unterkünfte im Kreis verteilt.Am Montag hatte Landrat Dr. Heiko Schmid die Bürgermeister von 28 Kreisgemeinden ins Landratsamt eingeladen, die bislang noch keine Gemeinschaftsunterkünfte haben. Das Ziel: „Wir wollen mit allen Mitteln eine Belegung von Sporthallen oder das Aufstellen von Zelten vermeiden“, sagt Schmid zur SZ. Dazu brauche es aber einen Kraftakt aus dem gesamten Landkreis.
An der kreiseigenen Sporthalle am Berufsschulzentrum in Biberach hingen so viele Strukturen, dass man einen Teil des Schullebens lahm legen würde, sagt Schmid. Eine weitere Halle in Riedlingen, die dem Landkreis gehöre, könne man aus seiner Sicht nicht belegen, weil Riedlingen bereits mehr als 250 Flüchtlinge aufgenommen habe.
Um so wichtiger sei es für ihn, dass nun auch die Städte und Gemeinden, die bisher noch über keine Gemeinschaftsunterkünfte verfügen, Gebäude oder Grundstücke für Wohncontainer bereit stellen. Für den Rest des Jahres rechnet das Landratsamt aktuell noch mit knapp 1000 weiteren Flüchtlingen, fürs kommenden Jahr mit etwa 2600.
Zur Besprechung am Montag waren neben den Bürgermeistern auch deren ehrenamtliche Stellvertreter aus den Gemeinderäten eingeladen. „Viele Bürgermeister sagen, sie würden ja gerne Flüchtlinge aufnehmen, aber der Gemeinderat ziehe nicht mit“, so Schmid. Durch die Einladung der Stellvertreter erhoffe er sich dabei Fortschritte. Einige der Bürgermeister seien anfangs „etwas geplättet“ gewesen, „aber wir hatten dann eine muntere Diskussion“, beschreibt der Landrat die Stimmung. Inzwischen gebe es bereits einige durchaus erfolgversprechende Grundstücksangebote für Containerstandorte.
Damit sei der Landkreis aber längst nicht über dem Berg. „Wir sind weiterhin im Krisenmodus“, sagt Schmid. Die Notfallpläne für eine Hallenbelegung laufen weiter, eine entsprechende Zahl an Feldbetten steht schon bereit.
Um auch 2016 genügend Plätze in den Unterkünften zu haben, sei das Ziel, nächstes Jahr rund 1000 Flüchtlinge in eine Anschlussunterbringung auf die Kommunen zu verteilen. Schmid zeigt sich gewillt, im Zweifel auch hier den Druck auf die Gemeinden zu erhöhen, die ihrer Verpflichtung nicht nachkommen. „Wir schaffen das – aber nur, wenn wir die Lasten gleichmäßig verteilen“, wandelt Schmid das Wort der Kanzlerin ab.
Im Landratsamt selbst rüstet man sich personell weiter für den Flüchtlingsstrom: 25,5 neue Stellen sind dieses Jahr bereits in diesem Bereich geschaffen worden, 43,5 weitere Stellen sollen 2016 folgen. „Diese Menschen auszuwählen, einzuarbeiten, ihnen Büros einzurichten ist ebenfalls ein riesiger Kraftakt für die Verwaltung“, so Schmid.
Ein ausführliches Interview mit Landrat Heiko Schmid zur Flüchtlingsthematik gibt es im Lauf der kommenden Woche.
Unterschrift Foto: Eine zur Flüchtlingsunterkunft umfunktionierte Turnhalle im Münchner Stadtteil Trudering – im Landkreis Biberach wollen die Verantwortlichen solche Bilder möglichst vermeiden. Bild: Peter Kneffel, ©dpa