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    Serie: Integration von Flüchtlingen – Vorbereitungsklassen im Kreisgymnasium

    Riedlingen, 04.09.2016 (Eva Winkhart, ©Schwäbische Zeitung)

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    Eine eigene Vorbereitungsklasse (VKL) für Schüler ohne Deutschkenntnisse hat das Kreisgymnasium Riedlingen seit Februar eingerichtet. Damals waren es zwölf Schüler – heute sind es 20, aus Syrien, Afghanistan, Bulgarien, dem Irak, aus Somalia, Russland, Kroatien und Serbien. Eine interessante Zusammensetzung, nennt Schulleiter Oberstudiendirektor Georg Knapp diese Konstellation. Die Zahlen seien inzwischen ziemlich konstant. „Das tut der Klasse gut“, so Knapp.

    Als Klassenlehrer führt Oberstudienrat Michael Kauer die VKL. Unterstützt wird er durch vier Fachlehrer aus dem Kollegium. Bewusst hätten alle beteiligten Gremien – von der Schulleitung, der Lehrer- über die Schulkonferenz bis zu den Elternbeiräten – sich für das Fachlehrerprinzip entschieden, um die Integration zu befördern. Die Unterrichtenden bräuchten ein hohes Maß an Flexibilität, hohe Frustrationstoleranz und ein noch höher einzustufendes Fingerspitzengefühl für Befindlichkeiten und Stimmungen ihrer Schüler – mit extremen Fluchterlebnissen, traumatisiert, in absolut fremder Umgebung, teilweise ohne Familienangehörige. Eine pädagogische Herausforderung. Dabei nehme Studienrätin Claudia Riedmüller für die VKL eine Brückenbauerfunktion wahr, so Knapp, als Bindeglied zwischen der Schule auf der einen Seite, dem Landratsamt Biberach und dem Freundeskreis „Freunde für Fremde“, den Eltern und Gasteltern auf der anderen. Knapp ist stolz auf seine Kollegen, die in kurzer Zeit gelernt haben, mit der neuen Situation umzugehen und „passgenaue“ Lösungsmöglichkeiten zu entdecken.

    Direkt vom Landratsamt zugewiesen bekommt das Kreisgymnasium seine Schüler für die VKL. Auch Gasteltern, die einen oder zwei der umF (unbegleitete minderjährige Flüchtlinge) beherbergen und betreuen, kommen bei entsprechender Eignung auf die Schule zu. Die Mehrzahl der VKL-Schüler hier wurden nach „Übergangsgesprächen“ aus der Joseph-Christian-Gemeinschaftschule ans Kreisgymnasium überwiesen – Schüler, die ein „gymnasiales Profil“ zeigten. Kriterien seien eine hohe Motivation des Schülers zum Deutschlernen, eine gute Selbstorganisation beim Arbeiten, Diszipliniertheit und die Möglichkeit, ein hohes Lerntempo mitzuhalten. In regelmäßig stattfindenden Gesprächskreisen aller beteiligten Schule Riedlingens wird auch über die Eignungen der einzelnen Schüler befunden, neben dem Austausch über geeignete Materialien, Möglichkeiten, pädagogische Konzepte.

    In ihre Regelklasse – die ihrem Alter entsprechende Klassenstufe – schnuppern die fremden Schüler beispielsweise im Sportunterricht, in Mathematik, in Englisch, in Fächern mit „Realienbezug“ wie Geografie oder Naturwissenschaften. Gute Rückmeldungen der beteiligten Lehrer gebe es dabei, so Knapp, „aber es fehlt diesen Schülern am Fachwortschatz“.

    Die Didaktik und die Lehrmethoden der Herkunftsländer spielen auch eine Rolle bei der Einschätzung der Situation: Eine Gruppenarbeit oder Erarbeiten eines Sachverhaltes im Team – wie in unseren Lehrplänen häufig gefordert – ist ungewohnt; Instruktionsunterricht sei die Regel dort. Dazu kommen die Schüler vorwiegend aus Ländern mit einem Ganztagsschulbetrieb und sind daher ein selbstständiges Erledigen von Hausaufgaben nicht gewohnt. Zur Unterstützung der Schüler sind zwei ehemalige syrische Lehrer – Flüchtlinge auch sie – als „Externe“ im Kreisgymnasium engagiert. Sie sind Mitglieder in der Ganztagsbetreuung und werden für die Schüler der VKL am Nachmittag eingesetzt.

    Bestimmt gebe es Missverständnisse und Schwierigkeiten im Umgang miteinander, teilweise mitgebracht aus den Herkunftsländern; aber die Schüler wüssten, dass man es gut mit ihnen meint, ist sich Knapp sicher. Für das kommende Schuljahr, verrät er einen weiteren Plan: „Die VKL-Schüler sollen Schülerpaten bekommen, um deren Integration zu fördern.“

    Das Kreisgymnasium Riedlingen hat aktuell 903 Schüler in 26 Klassen und den oberen beiden Jahrgangsstufen mit jeweils fünf Klassen. Etwa 80 Lehrer unterrichten vorwiegend in Vollzeit. Von Klasse 8 aufwärts wird das Kreisgymnasium noch als G8 geführt, die Klassen 5 bis 7 als neunjähriges Gymnasium.

    Unterschrift Foto: Miriam Herzog unterrichtet auch die Schüler aus unterschiedlichen Ländern in der VKL am Kreisgymnasium Bild: Eva Winkhart, ©Schwäbische Zeitung