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    Handwerksbetrieben berichten über erste Erfahrungen mit Flüchtlingen

    Ummendorf, 28.03.2016 (Gabi Ruf Sprenger, ©Schwäbische Zeitung)

    Ummendorf sz
    Viele Handwerksbetriebe in der Region haben Nachwuchssorgen und suchen händeringend Arbeitskräfte. Warum also nicht Flüchtlingen eine Chance geben, so der naheliegende Gedanke. Bäckermeister Daniel Zoll aus Ummendorf und das Maselheimer Bauunternehmen Grimm haben jeweils einen Flüchtling als Gehilfen eingestellt und sammeln Erfahrungen.

    Voll des Lobes ist Daniel Zoll, wenn er von seinem 20-jährigen Backstubenhelfer Sarja Jallow aus Gambia spricht: „Sarja lernt schnell. Er organisiert sich gut bei der Arbeit und versteht sich mit den anderen Mitarbeitern des Backstuben-Teams.“ Um herauszufinden, ob Sarja Jallow die notwendige Qualifikationen mitbringt, um in der Backstube zu arbeiten, hat die Bäckerei Zoll ihm zunächst ein dreiwöchiges Praktikum angeboten.

    Schnelle Auffassungsgabe

    Daniel Zoll: „Es hat sich schnell gezeigt, dass er das packt und er hat einen auf ein Jahr befristeten Arbeitsvertrag bekommen.“ Und damit ist Daniel Zoll schon bei den Problemen, die es gibt, wenn ein Handwerksbetrieb Flüchtlinge einstellt – egal, ob zur Ausbildung oder zunächst in einem befristeten Arbeitsvertrag als Gehilfen: „Was geht, was geht nicht? Was muss beachtet werden? Das sind die wesentlichen Fragen. Bisher gibt es keine einheitlichen Regeln. Vieles liegt im Ermessensspielraum der Behörden.“ Sarja Jallow kommt aus Gambia. Vergangene Woche hat er seinen Abschiebebescheid bekommen. Daniel Zoll: „Ich weiß nicht, wie es weitergeht.“

    Ein anderes Problem für die Betriebe, die Flüchtlinge beschäftigen, sind die oft mangelhaften Sprachkenntnisse. Sarja Jallow versteht inzwischen zwar etwas Deutsch, selbst ausdrücken kann er sich noch nicht. Er geht jede Woche freitags zum Sprachkurs und eine App unterstützt ihn zusätzlich, doch das reicht im Alltag nicht. Hier hilft, dass in der Backstube eine Engländerin arbeitet, die übersetzt, denn nicht alle Mitarbeiter in der Backstube sprechen englisch. Bei behördlichen Angelegenheiten wird Sarja Jallow von einer ehrenamtlichen Helferin unterstützt. Sie war es auch, die den Kontakt zur Bäckerei Zoll herstellte.

    Ebenfalls über die Vermittlung einer ehrenamtlichen Helferin kam der 30-jährige Baba Jallow, auch er stammt aus Gambia (Jallow ist dort ein verbreiteter Familienname), zur Firma Grimm nach Maselheim. Er hatte bei der Baufirma zunächst ein mehrwöchiges Praktikum gemacht. Auch bei ihm erkannten den beiden Chefs Werner und Paul Grimm schnell: „Baba ist ein netter, umgänglicher Typ. Er ist zuverlässig, integriert sich gut und ist bei den anderen Mitarbeitern beliebt.“ Anfangs waren auch seine Deutschkenntnisse sehr bescheiden. Doch auf dem Bau, so erklärt Werner Grimm, brauche es nicht viele Worte: „Baba passt auf, wie es die anderen Kollegen machen und er hat eine gute Auffassungsgabe.“ Dazu komme, dass das Team der Firma Grimm recht multikulturell sei. Werner Grimm: „Wir haben viele Nationalitäten auf dem Bau. Das war schon immer so und die Leute finden einen Weg, sich zu verständigen.“ Früher seien es Türken und Italiener gewesen, die nach Deutschland kamen, dann Kosovaren, Polen, Tschechen und jetzt eben weitere Nationalitäten, so Grimm. Baba Jallow arbeitet im Rahmen eines befristeten Arbeitsvertrags als Bauhelfer bei der Firma Grimm. Auch bei ihm ist nicht klar, ob er bleiben kann oder nicht. Werner Grimm: „So lange der Status eines Flüchtlings unklar ist, ist auch alles andere unklar, was damit zusammenhängt.“

    Wie im Bäckerhandwerk, so fehlen auch auf dem Bau Arbeitskräfte. Paul Grimm sagt: „Wir suchen händeringend Leute.“ Allerdings, so erklären Werner und Paul Grimm, wünschen sie sich mehr Transparenz und Unterstützung. Behörden, Kammern und Verbände bieten zwar Hilfestellung, doch die Formalitäten für die Einstellung von Flüchtlingen seien momentan noch sehr umständlich und unübersichtlich.

    Paul Grimm: „Die Politik ist auf dem richtigen Weg, aber es muss noch einiges getan werden.“ Als Beispiel nennen er und sein Bruder: „Gerade in der Anfangsphase wären finanzielle Zuschüsse wichtig. Während dieser Zeit kostet der Praktikant Geld, denn er versteht kaum etwas und die anderen Mitarbeiter müssen sich intensiv um ihn kümmern.“

    Im Kompetenzzentrum Arbeitsintegration Flüchtlinge (AIF) im Landratsamt Biberach bekommen Arbeitgeber neben umfassenden Informationen zur Einstellung von Flüchtlingen auch individuelle Vermittlungsvorschläge. Arbeitgeber können zudem Stellenangebote für Flüchtlinge melden. Kontakt: telefonisch unter 07351/52-6363 und per E-Mail: AIF(at)biberach.de

    Unterschrift Foto: Baba Jallow und Igor Vojkov arbeiten gut zusammen Bild: Gabi Ruf Sprenger, ©Schwäbische Zeitung