20171212_sz_schwendi_unterbringung.jpg

    Gemeinde Schwendi will altes Grundschulgebäude in Bußmannshausen nutzen

    Schwendi, 12.12.2017 (Bernd Baur, ©Schwäbische Zeitung)

    Schwendi sz
    Die Gemeinde Schwendi bietet derzeit 30 Flüchtlingen in dezentraler Unterbringung ein Dach über dem Kopf. Allerdings hätte die Kommune bereits heuer 59 Flüchtlinge mehr aufnehmen müssen, und 2018 werden wohl weitere Zuweisungen folgen. Doch es fehlt Wohnraum für diese Menschen; die Gemeinde sucht dringend nach Wohnobjekten. Auf mehrheitlichen Beschluss des Gemeinderates wird nun das ehemalige Grundschulgebäude in Bußmannshausen, das abgerissen werden sollte, zur Flüchtlingsunterkunft umgebaut. Gut 250000 Euro kostet dies, 14 Flüchtlinge finden dann dort Platz.

    Das Bußmannshauser Grundschulgebäude stammt aus 20er-Jahren, vor fünf Jahren haben dort zum letzten Mal ABC-Schützen die Schulbank gedrückt. Seither steht das Gebäude leer. Nicht ganz: Im Gymnastiksaal im Erdgeschoss halten sich unter anderem eine Männergruppe mit wöchentlichen sportlichen Übungsstunden fit. Im Obergeschoss, in einem der beiden alten Klassenzimmer, hat der Männergesangverein „Lyra“ ein Probelokal gefunden. Direkt daneben, im zweiten Klassenzimmer, ist seit letzter Woche eine vierköpfige, obdachlose Familie untergebracht. Das alte Schulhaus ist, wenn es um die Unterbringung von Flüchtlingen geht, im Moment für die Gemeinde offenbar der letzte Notnagel.

    Deshalb hat die Kommune den Architekten Thomas Schulz beauftragt zu prüfen, wie dort Wohnraum geschaffen werden könnte. Seine Vorschläge hat der Architekt am Montag dem Rat vorgestellt. „Vieles kann erhalten bleiben“, sagte Thomas Schulz. Aber an einigen baulichen Veränderungen komme man nicht vorbei. Im Obergeschoss des Schulgebäudes sollen die Klassenzimmer in vier Zimmer geteilt werden, 14 Menschen können dort schlafen. Ein Hauswirtschaftsraum mit zwei Kochstellen ist vorgesehen, Duschen werden eingebaut. Zudem muss das Treppenhaus so gestaltet werden, dass Erd- und Dachgeschoss separat zugänglich sind. Das Flachdach müsste eh abgedichtet werden.

    Das Geld möchte Gemeinderat Helmut Kohn nicht für ein Gebäude ausgeben, „das eigentlich dem Abriss gewidmet ist“ – um möglicherweise einem neuen Dorfgemeinschaftshaus Platz zu machen. Woanders im Landkreis seien Unterkünfte nicht belegt, „hier soll die Gemeinde Schwendi mit riesigen Kosten eine Unterkunft schultern“, sagte Kohn. „Gibt es Kostenersatz, wie lange dauert die Unterbringung, wer kommt“: Helmut Kohn hatte viele Fragen, die jedoch nichts an er Lage ändern.

    „Diese Menschen sind da, das Problem muss gelöst werden“, schildert Bürgermeister Günther Karremann die schwierige Situation der Gemeinde. Diese – wie andere Gemeinden auch – müsse liefern, „weil der Druck von oben so gnadenlos kommt, die große Politik delegiert dies nach unten“. Ihm gefalle es auch nicht, 257000 Euro in ein Gebäude zu stecken, das man abreißen will. Doch Karremann sieht sich „zum Handeln verurteilt“, mangels Alternative.

    In Gesprächen mit Bürgern, so berichtete der Bußmannshauser Ortsvorsteher Nikolaus Stork, werde Verständnis für die schwierige Situation der Gemeinde geäußert. Gleichzeitig sagen einige, es müsse doch in anderen Ortsteilen auch Gebäude geben zur Unterbringung dieser Menschen. Bürgermeister Karremann möchte eine Diskussion so nicht führen: „Es geht darum, wie kann ich die Personen unterbringen und integrieren“. Bisher sind in Schwendi, Großschafhausen und Orsenhausen Flüchtlinge untergebracht. Eine Containerlösung auf dem Bauhofgelände hatte der Rat abgelehnt.

    Für das Schulgebäude in Bußmannshausen sei die Umnutzung nicht der wünschenswerte Weg, betonte Stephan Miller. Aber es sei „der einzig mögliche und richtige Weg“. Miller: „Auch wenn wir den Kopf noch länger in den Sand stecken, wird der Zug nicht an uns vorbeifahren“. Bürgermeister Karremann war gleicher Meinung, er formulierte es anders: „Das Problem regelt sich nicht, wenn ich sage, es gefällt mir nicht“. Zudem blickte Karremann voraus. Wenn der Familiennachzug für die Flüchtlinge komme, müsse die Gemeinde vielleicht doppelt so viele Menschen unterbringen. Sollte die Planung für Bußmannshausen nicht weiter geführt werden, „muss ich ein Gebäude beschlagnahmen“. Karremann zählte als mögliche Objekte die Gemeindehallen in Schwendi, Großschafhausen und Sießen im Wald auf. „Diese Variante wäre mit viel mehr Ärger in der Bevölkerung verbunden“, glaubt Karremann. Mit der Nutzung des Bußmannshauser Schulgebäudes könne die Gemeinde jetzt wenigstens einmal einen Teil des Flüchtling-Unterbringungsdefizites abbauen.

    Eine Einschätzung, die auch Gerhard Maurer teilte. „Wenn in Bußmannshausen diese Möglichkeit besteht, sollten wir sie annehmen“, äußerte sich Maurer. Die Mehrheit der Räte sah es ähnlich. Mit 13 Ja-Stimmen wurden die Baumaßnahme beschlossen und werden die Finanzmittel im Etat 2018 bereit gestellt. Helmut Kohn stimmte dem nicht zu, Nikolaus Stork und Eckbert Braunger enthielten sich der Stimme.

    Unterschrift Foto: Das ehemalige Schulhaus in Bußmannshausen soll zur Unterbringung von Flüchtlingen baulich verändert werden. Bild: Bernd Baur, ©Schwäbische Zeitung