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    Jetzt kümmert sich ein Rechtsanwalt um Klärung der Lage

    Langenenslingen, 01.12.2017 (Marion Buck, ©Schwäbische Zeitung)

    Langenenslingen sz
    Ein Jahr lang hat eine syrische Familie in der Anschlussunterbringung im Schwanen in Andelfingen gewohnt, bis sie eine eigene Wohnung gefunden hat. Zu Anfang waren die Frau und ihre vier Kinder glücklich über mehr Wohnraum. Das änderte sich allerdings, als nun das Heizöl ausging und der Vermieter nicht für Nachschub sorgt.

    Die Wohnung ist kalt, die Kinder krank und niemand fühlt sich so richtig zuständig. „Das sind doch keine Zustände“, sagt Karl Selig, der in der Nachbarschaft wohnt und die Misere seit vier Wochen miterlebt. Vertreter der Gemeinde, des Landratsamts und ein Rechtsanwalt haben sich nun an einen Tisch gesetzt, um an der Situation etwas zu ändern.

    Umzug am Anfang eine win-win-Situation

    Die syrische Familie lebt seit knapp zwei Jahren in Andelfingen. Zuerst waren sie in der Anschlussunterbringung der Gemeinde, im Gästehaus des Schwanens, in einem Zimmer untergebracht mit Küchenzeile und Bad. Im Januar dann wurde ihnen privat eine Wohnung angeboten. Die Syrerin zog mit ihren vier Kindern um, obwohl ihr von Ortskundigen davon abgeraten wurde.

    Zu Anfang sei es eine Win-Win-Situation gewesen, sagt eine Andelfingerin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Die Wohnung ist möbliert, die Familie hat mehr Platz, die Miete wird vom Landratsamt übernommen. Seit vier Wochen nun geht in der Wohnung immer wieder das Heizöl aus. Manchmal käme der Vermieter mit einem Kanister vorbei, um nachzufüllen. Dann sei es einen halben Tag warm. Zeitweise habe es in der Wohnung aber nur 14 Grad, sagt die Andelfingerin.

    Polizei gerufen

    „Das ist eine Katastrophe“, findet Karl Selig. Die Kinder, im Alter zwischen acht und 15 Jahren, tun ihm leid. Er hat sie ins Herz geschlossen. „Für die bin ich der Opa“, sagt er. Er kümmert sich, fährt die Familie zum Einkaufen oder auch auf die Bank. Gespräche finden über die Kinder statt, weil die Frau kein Deutsch spricht. So landete das Heizölproblem auch bei Selig. Eines der Mädchen sei bei ihm aufgetaucht.

    „Sie hat geweint, gezittert und gehustet“, sagt Selig. „Das sind doch keine Zustände“, dachte sich der Andelfinger und suchte Hilfe – beim Helferkreis für Asylbewerber in Langenenslingen, bei der Gemeinde, beim Landratsamt, beim Jugendamt und beim Sozialamt. Zum Schluss rief er die Polizei. Die sei dann vorbeigekommen, bestätigte ihm aber auch, was er von den anderen schon zu hören bekommen hatte – die Ämter sind eigentlich nicht zuständig, da es sich um eine private Vermietung handele.

    „Das Problem ist die Privatunterbringung“, sagt Pfarrer Klaus Sanke. Da könne man rechtlich nichts machen. Er kennt die Vermieter, hatte schon öfters Kontakt und mit ihnen entsprechende Erfahrungen gemacht. Es sei schwierig, dass sie versuchten, ihre eigene finanzielle Notlage durch Vermietung auszugleichen. Die syrische Familie bräuchte eine andere Wohnung. Allerdings habe die Kirchengemeinde keine, wo die Familie untergebracht werden könne.

    Landratsamt sieht sich nicht zuständig

    „Auch wir sind mit dieser Situation nicht zufrieden“, sagt Bernd Schwarzendorfer, Pressesprecher des Landratsamtes, fügt allerdings an, dass das Landratsamt tatsächlich nicht zuständig sei und es sich um eine zivilrechtliche Angelegenheit handele. Die Mieterin habe selbst einen Mietvertrag unterzeichnet.

    Da die Größe der Wohnung und die Miete samt Heizkostenzuschuss passend für fünf Personen sei, habe das Landratsamt die Kosten übernommen. Allerdings hat das Landratsamt Anfang Woche veranlasst, dass sich alle Beteiligten, bis auf den Vermieter, an einen Tisch setzen, um an der jetzigen Situation etwas zu ändern.

    „Schließlich muss etwas passieren“, so auch Langenenslingens Bürgermeister Andreas Schneider. Er sagt, dass die Gemeinde nicht informiert worden sei, als die Familie aus der Anschlussunterkunft ausgezogen sei. „Sie hat sich freiwillig aus unserer Zuständigkeit gelöst“, sagt der Schultes.

    Anwalt kümmert sich

    Eine Gemeinde könne sich nicht bei jedem Bürger in privatrechtliche Dinge einmischen. Die Gemeinde müsse erst aktiv werden, wenn Obdachlosigkeit drohe. So weit will es die Verwaltung nicht kommen lassen.

    Deshalb wurde auf Anraten des Landratsamtes nun ein Anwalt eingeschaltet, der sich kümmert. Zeitgleich will die Verwaltung Ausschau nach einer Wohnung halten, sagt Schneider. Gerne dürften sich Bürger bei ihm melden, die etwas Passendes anbieten könnten. Die Familie wieder in die Anschlussunterbringung zurückziehen zu lassen, sei nicht möglich. Langenenslingen bekommt im Januar 22 weitere Flüchtlinge zugewiesen. „Und dann sind wir voll belegt“, so Schneider.

    Unterschrift Foto: Das Thermometer zeigt Minusgrade an. Bild: Matthias Bein/dpa/Archiv, ©Schwäbische Zeitung