Altshausen, 21.08.2015 (jam)
© Schwäbische Zeitung
Frau Mühlbach, warum haben Sie die Initiative ergriffen und vor drei Jahren den Helferkreis Asyl in Altshausen gegründet?
Da bin ich reingerutscht. Ich wurde von einem Asylbewerber aus Pakistan auf der Straße angesprochen und gefragt, wo ein Supermarkt ist. Auf dem Weg dorthin hat er mich gefragt, ob ich ihm Deutsch beibringen kann. Ich habe schon gezögert, ihm meine Adresse zu geben. Aber dann habe ich angefangen, ihm Deutschunterricht zu geben.
Wie engagiert sich der Helferkreis Asyl?
Wir geben zum Beispiel Deutschkurse. Die sind wichtig für uns, weil wir dafür vom Landkreis Ravensburg finanziell unterstützt werden. Das Geld brauchen wir wieder an anderen Stellen für unsere Arbeit. Neben den Sprachkursen kümmern wir uns um alles Mögliche, was in den Häusern anfällt, in denen die Flüchtlinge leben. Die Betreuung der Syrer ist recht aufwendig, weil sie relativ früh als Flüchtlinge anerkannt werden und dann ein Bleiberecht für zunächst drei Jahre bekommen. Weil die Anerkennung so schnell geht, können sie zu dem Zeitpunkt normalerweise kein Deutsch.
Sind sie deshalb auf Hilfe angewiesen?
Ja. Die Flüchtlinge müssen sehr viele Formulare ausfüllen. Das entspricht ungefähr einer Steuererklärung. Die Anträge sind kompliziert und schwer verständlich, auch für Deutsche. Jemand ohne Sprachkenntnisse kann das gar nicht schaffen. Der bürokratische Aufwand ist für die Flüchtlinge sehr hoch, ob es um die Krankenkasse geht oder um die Meldebestätigung. Und dann kommt noch hinzu, dass sie, wenn sie neu hier ankommen, nicht wissen, wo Ravensburg ist, mit welcher Buslinie sie fahren müssen oder wann der Bus abfährt. Sie können ja nicht lesen, was da steht. Wir helfen ihnen auch bei einfachen Dingen. Zum Beispiel helfen wir ihnen Sachen zu besorgen, die man in Altshausen nicht kaufen kann. Oder wir zeigen ihnen die nächste Moschee, wenn sie beten wollen.
Worin unterscheidet sich Ihre Arbeit mit Syrern von der mit Flüchtlingen aus anderen Ländern?
Bei den Syrern ist alles anders, weil sie so schnell als Flüchtlinge anerkannt werden. Das macht die Arbeit für den Helferkreis schwierig. Wir wissen selbst nicht, wie die Abläufe funktionieren und worauf es ankommt. Das, was wir bisher gelernt haben, gilt bei ihnen nicht.
Wie bewältigt der Helferkreis die steigende Zahl der Flüchtlinge?
Der Helferkreis wird sie wahrscheinlich nicht in der Form betreuen können wie bisher. Es wird die Zeit fehlen, sich auch mal einfach zusammenzusetzen und miteinander zu reden. Die Bürokratie nimmt zuviel Zeit in Anspruch. Ich habe ein bisschen Angst davor. Ich habe das Gefühl, dass es zu viele für Altshausen sind. Der Helferkreis wird sich neu organisieren müssen. Das könnte so aussehen, dass die Helfer sich in kleinen Gruppe organisieren, in der jeder eine feste Aufgabe hat, wie sich zum Beispiel um Arztbesucher zu kümmern. Sie sollen einer festen Gruppe von Flüchtlingen zur Seite stehen, damit sie feste Ansprechpartner haben. Außerdem hoffen wir, dass wir noch Mitstreiter finden.
Bekommt der Helferkreis professionelle Hilfe vom Landkreis oder der Gemeinde?
Eine Sozialarbeiterin vom Landkreis ist auch für die Flüchtlinge in Altshausen zuständig. Sie betreut bisher 135 Flüchtlinge in unterschiedlichen Unterkünften, das heißt, sie ist viel unterwegs. Sie schafft es nicht, sich um alles zu kümmern. Die offizielle Betreuung reicht nicht aus. Das Personal müsste aufgestockt werden. Wir würden es uns wünschen, wenn zum Beispiel die Gemeinde etwas beisteuern würde. Dadurch würden allerdings Kosten für die Gemeinde entstehen.
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