Als Dank für ihr Engagement sind die unter dem Dach der ökumenischen Flüchtlingsarbeit ehrenamtlich Tätigen eingeladen worden. Im Lichtspielhaus trafen sich etwa 50 Frauen und Männer zum Austauschen von Erfahrungen, zum Diskutieren und Unterhalten, zum Essen und Trinken – und, um in Anwesenheit der Regisseurin einen Kurzfilm anzuschauen. Im Rahmen der etwa zwei Mal pro Jahr veranstalteten Reihe „Haltestelle – Innehalten im Alltag des Ehrenamtes“ stand an diesem Abend das Unterhaltende, die Aus-Zeit von der ehrenamtlichen Arbeit im Vordergrund. Helene Kopf vom Fachdienst Migration der Caritas Biberach-Saulgau moderierte die Veranstaltung.
Neben den Caritas-Mitarbeitern aus allen Teilen des Zuständigkeitsbereiches kommen die Ehrenamtlichen aus der Umgebung. Ein kleines Buffet ist im hinteren Bereich aufgebaut. Die Regisseurin des angekündigten Filmes, Ysabel Fantou – Münchnerin mit donauschwäbisch-bretonischen Wurzeln –, stimmt ihr Publikum ein mit der Aufforderung, die eigenen Gedanken zum Begriff Herberge zu nennen. Von Schutzraum über Wärme, Stockbetten und Eintopf, Sicherheit und Geborgenheit bis zum Ankommen und Willkommensein reichen die Vorschläge. So kommt, unkommentiert, die erste von drei Versionen ihres Kurzfilmes „Herberge“ zur Vorführung: Ein älteres Ehepaar verirrt sich beim Wandern, gerät an ein einsam gelegenes Gasthaus, tritt ein, wird freundlich bewirtet, merkt jedoch erst am Ende, dass es in einer Flüchtlingsunterkunft gelandet ist und die sprichwörtliche orientalische Gastfreundschaft erfuhr. Willkommenskultur in der anderen Richtung als üblich.
Sie wollte, erzählt Ysabel Fantou im anschließenden Gespräch, Missverständnisse aufzeigen, Rollenverhalten, Klischees und Vorurteile verarbeiten. Als Komödie. Es sei ihr wichtig gewesen, das Lachen in den Film zu bringen: „Und über das Lachen kommen die Menschen zum Nachdenken.“ Sie berichtet ausführlich über das Entstehen des Films, den hohen Aufwand solch einer Aktion, über die technischen Schwierigkeiten, die finanziellen Probleme, die menschlichen Seiten. „Der Film ist für mich eine Parabel auf unser Land“, ergänzt sie.
Auch die Vorgeschichte zum Drehbuch ihres Filmes nimmt breiten Raum ein: Ein Zeitungsartikel mit der „echten Geschichte“ habe sie auf die Idee gebracht. Und nach einigen Recherchen konnte Ysabel Fantou die realen Personen treffen. Die Aufzeichnungen davon zeigt die zweite Version des Films als Dokumentation. Kawa, Asylbewerber aus Syrien, kommt darin ausführlich zu Wort – er war auch derjenige, über den die Geschichte auf zahlreichen Umwegen an die Öffentlichkeit gelangte –, Gabriele und Hans aus Karlsruhe berichten. Es wird deutlich, wie betroffen die in Deutschland unübliche Gastfreundschaft aus anderen Kulturen macht. Aus dem Publikum kommen einige Schilderungen von ähnlichen Erlebnissen und wie schwer es den Deutschen falle, etwas anzunehmen, in die Rolle des Beschenkten zu schlüpfen. Und wie „berührend“ jedes Mal diese Gastfreundschaft erlebt werde.
Die dritte, die kürzeste Version erzählt in knapp einer Minute – nach je etwa neun Minuten der vorangegangenen Teile – das Geschehen mit einem etwas geänderten Ende: mit einem Kameraschwenk in viele fremde, freundlich lachende Gesichter an den Tischen im Gastraum. Diese Fassung ist gedacht als Werbung, zum Verschicken, um neugierig zu machen.
Helene Kopf schlägt den Bogen zu den Erfahrungen der Helfenden in der Flüchtlingsarbeit im Saal. Das Geben und Nehmen komme zunehmend in eine Gegenseitigkeit, sei ihr Eindruck. Der wurde durch einige Wortbeiträge aus dem Publikum bestätigt. Jedoch sei es manchmal schwierig zu akzeptieren, dass die Angekommenen ihre Selbstständigkeit möchten – auch auf einem eigenen Weg, mit dem persönlichen Lebensstil.
Unterschrift Foto: Die Regisseurin Ysabel Fantou (rechts) und Helene Kopf von der Caritas Biberach-Saulgau im Gespräch mit Dr. Hartmut Pernice vom Riedlinger Freundeskreis für Fremde. Bild: Eva Winkhart, ©Schwäbische Zeitung