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    Landratsamt und Gemeinde informieren über geplante Unterkunft für 30 Flüchtlinge

    Landkreis Biberach, 21.01.2016 (Annette Grüninger, ©Schwäbische Zeitung)

    Uttenweiler sz
    30 Flüchtlinge werden die künftige Containersiedlung auf dem Uttenweiler Recyclinghof beziehen. Gemessen an anderen Gemeinschaftsunterkünften im Landkreis ist diese Zahl überschaubar. Dennoch werfen die Pläne des Landratsamts in Uttenweiler freilich viele Fragen auf. Rede und Antwort standen Vertreter von Landratsamt, Gemeinde und der Ökumenischen Flüchtlingsarbeit am Mittwochabend in der Uttenweiler Turnhalle.

    Gleich nach der Fasnet stehen die Erdarbeiten auf dem ehemaligen Recyclinghof in Uttenweiler an. Dann beginnt der Aufbau der Wohncontainer, die Platz bieten für 30 Personen. Frühestens Ende März werden dann die ersten Flüchtlinge einziehen – und diesem Zeitpunkt blicken die Uttenweiler mit Spannung, teilweise auch mit Skepsis und Sorge entgegen.

    Menschen in Not

    „Ich bitte Sie zu bedenken, dass es sich bei den neuen Flüchtlingen um Menschen handelt, die in Not geraten sind“, wandte sich Bürgermeister Werner Binder gleich zu Beginn an die vielen Besucher. Auch wenn einige Sitze in der großen Turnhalle leer blieben, stieß die Bürgerversammlung auf großes Interesse. Dass sich darunter auch Bedenken und Ängste mischen, so Binder, erkenne er an. Trotzdem wünsche er sich, „dass wir auf die Menschen zugehen, damit Integration gelingen kann“. Uttenweiler müsse hier nicht bei Null anfangen. Binder dankte dem ehrenamtlichen Helferkreis unter Hermine Burger, genauso wie den Bürgern, die der Gemeinde Wohnraum für die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung stellten. An die Besucher der Infoveranstaltung appellierte der Bürgermeister: „Lassen Sie uns die Dinge einfach sachlich bewerten und Lösungen finden.“

    Familien ziehen ein

    Sachlich, aber nicht nüchtern und mit umfassendem Zahlenmaterial unterfüttert, fiel auch der Vortrag der Landratsamtsmitarbeiter aus. Jürgen Kraft, Leiter des Sachgebiets Flüchtlinge am Landratsamt Biberach, ging zunächst auf die verschiedenen Formen der Unterbringung ein. Die Gemeinschaftsunterkunft auf dem früheren Recyclinghof wolle der Kreis voraussichtlich mit sechs bis acht Familien belegen, ergänzte Heimleiter Ernst Grassl, und zwar unterschiedlicher Nationalität. Die meisten Flüchtlinge im Kreis stammen aus Syrien (50 Prozent), auch der Anteil von Menschen aus Eritrea, Afghanistan, Gambia, Irak und Iran sind hoch. Abgesehen von Afghanen hätten Menschen dieser Nationalitäten gute Bleiberechtsperspektiven, so Kraft. 70 Prozent der Flüchtlinge sind jünger als 30 Jahre, 40 Prozent alleinstehend (und damit meistens männlich).

    Nicht jeder alleinstehende Mann verhalte sich zwangsläufig problematisch, betonte Kraft, räumte aber ein: „Klar, wir haben bei dieser Anzahl von Menschen auch Spitzbuben dabei.“ Dann müsse das Landratsamt aber auch über ein solches Fehlverhalten informiert werden, appellierte Kraft an die Besucher: „Melden Sie uns, wenn jemand nicht gut tut, damit wir ihn auf gut Schwäbisch in den Senkel stellen können.“ Bislang gebe es aber keine nennenswerten Probleme. Auch, weil die Unterkünfte des Landkreises offen gestaltet seien. „Wir versuchen, dass die Flüchtlinge nicht anonym leben.“

    Um das Zusammenleben drehte sich auch der Großteil der Besucherfragen. Hier einige Beispiele:

    Wie sollten die Anwohner mit Ruhestörungen umgehen? Heimleiter Grassl: „Unsere Bewohner regeln das ganz gut untereinander, wie bei einem Mehrfamilienhaus.“ Kraft riet dazu, direkt auf die Ruhestörer zuzugehen – „wie bei jedem anderen Nachbarn halt auch“. Wenn es dann immer noch Probleme gebe, sollte man die Polizei verständigen. Die Flüchtlinge kämen eben aus einem anderen Kulturkreis, seien in dieser Hinsicht möglicherweise anders sozialisiert worden und müssten die Regeln unserer Gesellschaft erst lernen: „Wir müssen die Flüchtlinge so umerziehen, dass sie wissen, nach dem Heute-Journal geht man bei uns ins Bett“, scherzte Kraft.

    „Darf mein Kind weiter mit einem Minirock herumlaufen?“, wollte eine Besucherin wissen. „Wie muss ich mein Kind anziehen?“ „Ganz normal“, antwortete Kraft. Das Landratsamt gebe Refugee Guides aus, die das Alltagsleben in Deutschland erklären.

    Was ist, wenn die Flüchtlinge ihre Sozialleistung schon vor Monatsende verbraucht haben? Die meisten Flüchtlinge können durchaus mit Geld umgehen, so Kraft. „Die wissen schon was Geld ist, die kommen nicht aus einem Bananenstaat im Urwald.“ Zur Not erhalten die Flüchtlinge Wertgutscheine für Lebensmittel – die ihnen dann aber im nächsten Monat abgezogen werden.

    Welche Religionen sind bei den 2500 Flüchtlingen im Landkreis vertreten? Die überwiegende Anzahl sind Muslime, so Heimleiter Grassl. Da viele Flüchtlinge sehr jung sind, spiele die Religion aber meist keine große Rolle mehr und die bisherigen Moscheevereine hätten keinen verstärkten Zulauf bekommen.

    Wie werden die Flüchtlinge betreut? Die Sozialarbeiterinnen sind regelmäßig, etwa einmal die Woche, vor Ort und telefonisch ständig erreichbar. Eine Sozialarbeiterin ist für 120 Flüchtlinge zuständig, wird bei der Betreuung aber auch vom örtlichen Hausmeister unterstützt. Hinzu kommen die ehrenamtlichen Helfer. Eine Helferin ermunterte die Besucher, sich zu engagieren: „Sie werden beschenkt mit ganz vielen Erfahrungen. Viel falsch machen kann man nicht und Sie bekommen so viel an Dankbarkeit zurück.“

    Auch Kraft ermutigte die Uttenweiler, den Neuankömmlingen offen entgegenzukommen: „Vielleicht sind ja auch ein paar gute Fußballer dabei, dann werden viele Tore geschossen in Uttenweiler.“

    Unterschrift Foto: Stellten sich den Fragen aus dem Publikum (von links): Jürgen Kraft, Leiter des Sachgebiets Flüchtlinge am Kreissozialamt Biberach, Bürgermeister Werner Binder, Heimleiter Ernst Grassl, die Sozialarbeiterinnen Carina Straub und Elke Nitschmann-Daniel Bild: Annette Grüninger, ©Schwäbische Zeitung