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    Ehrenamtliche erhalten in Altheim Hilfen zu ihrer Arbeit mit Flüchtlingen

    Altheim, 29.09.2017 (Eva Winkhart, ©Schwäbische Zeitung)

    Altheim / sz Auf Einladung des Freundeskreises Asyl Altheim und der Ökumenischen Flüchtlingsarbeit der Caritas Biberach-Saulgau haben sich am Mittwochabend rund 30 Interessierte getroffen. Im Adlersaal des Rathauses in Altheim wurde das Thema behandelt: Informationen über Rückkehrberatung und ausländerrechtliche Grundlagen. Ein spannendes Thema für alle, die mit Asylbewerbern befasst sind, waren sich die Anwesenden einig. Sie erhielten eine Vielzahl an Informationen, rechtlichen Grundlagen, Zahlen, Fallbeispielen. Und der Tenor: Eine freiwillige Rückkehr der Asylbewerber ist immer die bessere Alternative zur Abschiebung.

    Kompetente Referenten und auskunftsbereite Fachleute konnten zu Vortrag und Gespräch gewonnen werden. So begrüßte Waltraud Wolf, Ansprechpartnerin des Freundeskreises Asyl Altheim, Anja Harter vom Amt für Flüchtlinge und Integration in Biberach und Hermann Scheel, Sachgebietsleiter des Ausländeramtes im Landratsamt Biberach. Auch Jürgen Kraft, Leiter des Amtes für Flüchtlinge und Integration in Biberach, stand für Auskünfte bereit. Die Moderation in der den Referaten folgenden, ausführlich genutzten Fragerunde hatte Helene Kopf vom Fachdienst Migration der Caritas.

    Die Rückkehrberatung, so Kopf in ihren Eingangsworten, sei zurzeit ein wichtiges Thema, „Willkommenskultur“ dagegen keines mehr. Fakten und Halbwissen, Befürchtungen und Ängste vermischten sich dabei zu einem schwierigen Konglomerat. Die Sicht und das Wissen der Behörden solle den in der Flüchtlingsarbeit ehrenamtlich Tätigen heute eine Vorstellung geben von den „zwei Seiten einer Medaille“: die freiwillige Rückkehr ins Heimatland und die Abschiebung.

    „Nachhaltigkeit der Rückkehr“

    Seit 2014, so Anja Harter als erste der Referenten, arbeite sie im Landratsamt Biberach; seit 2015 mache sie Rückkehrberatung und informiere dabei über die Möglichkeiten einer freiwilligen Ausreise. Von der Organisation und Reiseplanung über die Hilfen bei der Passbeschaffung bei Botschaften und Konsulaten bis zur Unterstützung beim Ankommen im inzwischen fremd gewordenen Heimatland gehen ihre Bemühungen. „Was macht derjenige, nachdem er zurückgekehrt ist?“, sei eine wichtige Überlegung. Gemeinsam werde versucht, eine langfristige Bleibeperspektive einzuleiten mit Existenzgründung, Suche nach passender Arbeit und Wohnung, eventuell notwendiger medizinischer Beratung. Perspektiven in alle Richtungen würden sondiert.

    Eine „Nachhaltigkeit der Rückkehr“ sei wichtig, so Harter, und eine Rückkehr „in Würde und Sicherheit“. Ein „Versagen“ des Asylbewerbers dürfe weder aufkommen noch aufgebaut werden. Die freiwillige Rückkehr sei die bessere Lösung, weil sie intensive Begleitung bei der Vorbereitung biete. Sie warnt aber davor, unter Zeitdruck zu planen; für all die Kontakte und die Ausschöpfung der Hilfsangebote benötigten die Behörden Zeit.

    Und warum kehren die Asylbewerber wieder in das Land zurück, aus dem sie geflohen waren? Anja Harter weiß von berührenden Fällen zu berichten. Unstillbares Heimweh sei ein gewichtiger Grund, die Sorge um inzwischen kranke Eltern und Angehörige im Heimatland, die doch so andere und anders vorgestellte Lebens- und Arbeitssituation in Deutschland.

    Auch der zweite Experte, Hermann Scheel, möchte werben für die freiwillige Ausreise gegenüber der Abschiebung – bei Personen, die keine Bleibeperspektive haben. Er spricht aus langen Jahren der Erfahrung in der Flüchtlingsarbeit, berichtet interessant, auch mit einem Augenzwinkern an passender Stelle. Über die rechtlichen Möglichkeiten, die unterschiedlichen Verfahren, die Situationen der Duldung, der abgelehnten Asylverfahren, die Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Pässen kann er informieren. Äußerst kompliziert und rechtlich vielfältig, gebe es bei den unterschiedlichen Verfahren zahlreiche Ausnahmen und Folgevoraussetzungen.

    Großen Raum nahm in seinen Ausführungen die Situation bei einer Abschiebung ein. „Der Staat greift zu diesem letzten Mittel nicht gerne“, betont er. Eine „Nacht-und-Nebel-Aktion“ sei eine Abschiebung jedoch nie, da die Betroffenen lange vorher wüssten, was ihnen bevorstehe – sie würden aber aus Unwissenheit, Unverständnis, Fatalismus nicht reagieren. Bis es zum Äußersten kommt.

    Er rechnet vor, was die Rechtssprechung verlange: Die Abflugzeit spielt die zentrale Rolle, plus vier Stunden davor, plus die Zeit der Wege, plus eineinhalb Stunden Zeit fürs Kofferpacken. So kämen eben manchmal diese nächtlichen Uhrzeiten zustande. Früher seien die Menschen vorher in Gewahrsam genommen worden; das sei rechtlich nicht haltbar. Und er betont, eine Duldung – auch eine langjährige und wiederholte – sei keine Garantie: „Duldung heißt vorübergehende Aussetzung der Abschiebung.“

    Aktuelle Zahlen aus dem Kreis

    Aus dem Landkreis Biberach reisten 2017 im ersten Halbjahr 44 Personen (im ganzen Jahr 2016 waren es 141 Personen) aus, davon die Mehrzahl nach Serbien (20), in den Irak 10, nach Afghanistan 4, Kosovo 2 und je 1 Person nach China, Gambia, Iran, Kuba, Libanon, Mazedonien, Nigeria, Pakistan. Von ihnen hatten 70 Prozent eine Aufenthaltsgestattung, 26 Prozent die Duldung und 4 Prozent reisten vor der Antragstellung zurück. Die überwiegende Mehrzahl (66 Prozent) waren Männer, ein Drittel davon zwischen 18 und 26 Jahren. (Quelle: Landratsamt Biberach)

    Unterschrift Foto: Helene Kopf von der ökumenischen Flüchtlingsarbeit Fachdienst Migration der Caritas Biberach-Saulgau moderierte die Ringveranstaltung in Altheim. Links von ihr sind der Leiter des Amtes für Flüchtlinge und Integration im Landratsamt Biberach, Jürgen Kraft Bild: Waltraud Wolf, ©Schwäbische Zeitung