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    DRK und Landratsamt veranstalten Projekt für Flüchtlinge zum Umgang mit dem deutschen Gesundheitswesen

    Riedlingen, 29.09.2016 (Eva Winkhart, ©Schwäbische Zeitung)

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    Der große Rettungswagen zwängt sich durch das Gittertor an der Gemeinschaftsunterkunft in der Gammertinger Straße. Etwa 50 der Bewohner beobachten gespannt. Was passiert hier? Der Kreisverband Biberach des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) veranstaltet in Zusammenarbeit mit dem Amt für Flüchtlinge und Integration des Landratsamtes Biberach eine Stunde der Information über Rettungsdienst, Notruf, die Breitenausbildung, Bereitschaften und die Jugendarbeit.

    Als „bisher einzigartiges Pilotprojekt“ bezeichnet Simone Bleichner die Veranstaltung; Bleichner ist seit Ende Juli die Flüchtlingsbeauftragte des Landkreises Biberach. Riedlingen ist dabei die sechste und letzte der Stationen der Kooperation zwischen DRK und Landratsamt. Nach Laupheim, Ochsenhausen, Bad Buchau, Bad Schussenried und Biberach treffen sich am Dienstagabend die Vertreter der örtlichen und überörtlichen Institutionen im Hof der Gemeinschaftsunterkunft in Riedlingen. Ziel sei es, so Bleichner, die Flüchtlinge über das hier herrschende Gesundheitssystem aufzuklären; in den entsprechenden Heimatländern sei das komplett anders organisiert. Auch die Arbeit des DRK und die Rettungswege sollen bekannt gemacht werden. Amtsleiter Jürgen Kraft dankt im Anschluss an diese Abschlussveranstaltung den Verantwortlichen des DRK für die Breitenarbeit bei den Flüchtlingen.

    Die Betreuer der Flüchtlinge in Riedlingen hatten die Veranstaltung bekannt gemacht und nach und nach sammeln sich nahezu hundert Flüchtlinge um den Rettungswagen. Manfred Rommel, Kreisausbildungsleiter und Koordinator des DRK für Schul- und Jugendarbeit, stellt die Amtspersonen vor, in Vertretung von Michael Mutschler, dem Initiator der Aktion. Die herumwuselnden Kinder werden von den Helferinnen des Jugendrotkreuzes an einem abseitsstehenden Tisch mit Basteln und Malen beschäftigt. Zunehmend ruhiger und aufmerksam verfolgen die Gäste die Ausführungen, vor allem als ein „harter Kern“ von etwa 40 Interessierten im Laufe der Stunde übrig bleibt.

    Die Notrufe sind Thema Nummer eins. Wann die europaweit geltende 112, wann innerhalb Deutschlands die 116 117 gewählt werden sollen, ist für alle wichtig. Die Nummern, ausgehängt an der Tür des Rettungswagens, werden in die Handys getippt, mit den Smartphones fotografiert. Um die Worte auch für die noch nicht sicher Deutsch sprechenden Flüchtlinge verständlich zu machen, haben sich fünf Dolmetscher eingefunden: Ins Kurdische überträgt Zama Haidar, ins Persische Basir Sarvari, fürs Arabische wechseln sich Abdul Rahman und Ahmad Nasrulla ab und Omid Sherzai kann in zahlreichen weiteren Sprachen helfen und unterstützen.

    Beim zweiten Punkt, dem Rettungsdienst, macht Rommel deutlich, dass auch Frauen das Rettungsfahrzeug fahren können: „Bei uns entscheidet die Qualifikation, wer Chef auf dem Fahrzeug ist.“ Auch eine deutsch oder englisch sprechende Begleitperson sollte da sein. Beim Punkt „Ausbildung in Erster Hilfe“ erklärt Rommel, dass solch ein Kurs für den Erwerb des Führerscheins wichtig ist und wo er angeboten wird. Einen Aufruf zur ehrenamtlichen Tätigkeit schließt er an. In der Jugend- und Schularbeit, werden Schulsanitäter ausgebildet und betreut; Eltern sollten darüber Bescheid wissen. Und Rommel weiter: Neben dem Basteln, Spielen und Üben werden den Kindern auch Werte vermittelt.

    Zahlreiche positive Erfahrungen mit dem DRK hätten die Flüchtlinge aus ihren Heimatländern mitgebracht, sagt Rommel. Er betont, dass das Kreuz auf dem Rettungswagen und der Kleidung der Helfer ein Symbol der Institution sei; es sei kein Aufruf zum Religionsunterricht. Personen, egal welcher Religion, fänden hier Hilfe.

    Zuständig für Migrationsberatung für Erwachsene im Verbund mit dem Deutschen Roten Kreuz ist in Riedlingen Jolanta Kolbon – in der Grabenstraße 10, jeden Donnerstag von 14 bis 16 Uhr. Sie bietet hier Hilfe an bei Familienzusammenführung, beim Umgang mit Ämtern und dem Ausfüllen von Formularen, bei familiären Problemen. Auch die seien Aufgabe des DRK, sagt Kolbon.

    Unterschrift Foto: Die Verantwortlichen und die Übersetzer im Hof der Gemeinschaftsunterkunft ( von rechts): Basir Sarvari, Manfred Rommel und Simone Bleichner, Zama Haidar. Bild: Eva Winkhart, ©Schwäbische Zeitung